Dass man fast gleichzeitig das Gedankengut der radikalen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) verbreiten und Adolf Hitler glorifizieren kann, hat am Dienstag eine Verhandlung am Wiener Landesgericht bewiesen.
Ein 19-jähriger Präsenzdiener, der sich auf Instagram, Snapchat und WhatsApp als Kämpfer der radikalen Terror-Miliz "Islamischer Staat" (IS) inszeniert und damit deren Gedankengut verbreitet hatte, hat dafür am Dienstag am Wiener Landesgericht die Rechnung präsentiert bekommen. Er wurde wegen terroristischer Vereinigung und krimineller Organisation zu 18 Monaten Haft verurteilt, die ihm unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen wurden.
Von der mitangeklagten nationalsozialistischen Wiederbetätigung sprachen die Geschworenen den 19-Jährigen einstimmig frei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig, der junge Mann erbat Bedenkzeit. Der Staatsanwalt war mit der Entscheidung einverstanden.
Der Jugendliche hatte im Vorjahr zunächst über sein Instagram-Profil und über WhatsApp drei Video-Clips und vier Fotos verbreitet, mit denen er eine Nähe zum IS deutlich machte, indem er mit der sogenannten Tauhid-Finger-Geste posierte. Der erhobene rechte Zeigefinger ist bekanntermaßen von salafistischen bzw. islamistischen Gruppierungen vereinnahmt worden und dient ihnen als Erkennungsmerkmal. Unterlegt hatte der 19-Jährige seine Beiträge mit Nasheeds (Sprechgesängen, Anm.), die den Jihad verherrlichten und ursprünglich von der IS-Medienstelle stammten.
Für Ankläger "kein Bagatelldelikt"
"Er wollte sich als Kämpfer des IS darstellen, bewusst mit aufpeitschenden Nasheeds", sagte der Staatsanwalt. Es handle sich um "kein Bagatelldelikt, sondern ernst zu nehmende Straftaten". Derartige Propaganda diene der Anwerbung und Rekrutierung neuer IS-Mitglieder.
Der Angeklagte und sein Verteidiger Martin Fürthaler versicherten, darum sei es nicht gegangen. Ein strafbares Verhalten liege nicht vor, weil der Vorsatz des 19-Jährigen nicht darauf ausgelegt gewesen sei, sich terroristisch zu betätigen und die Ziele des IS zu verfolgen. Er sei im Vorjahr zunächst krankheitsbedingt vom Bundesheer entlassen worden, wo er seinen Präsenzdienst abgeleistet hätte. Dann habe auch noch seine Freundin mit ihm Schluss gemacht, berichtete der junge Mann einem Schwurgericht: "Da bin ich abgerutscht."
Seinen Angaben zufolge hing er "in dieser Phase" regelmäßig mit zehn bis 15 Personen an einem Bahnhof einer größeren niederösterreichischen Gemeinde ab. Von seinen neuen Freunden seien "99 Prozent Moslems" gewesen. Er habe "dazugehören" wollen, sei daher konvertiert und habe das verfahrensgegenständliche Bildmaterial erstellt. "Ich hätt' nie in meinem Leben gedacht, dass die Sache dazu führt, wo ich jetzt bin." Ihm sei es vielmehr darum gegangen, "meinen inneren Frieden zu finden" und seiner Ex-Freundin "die Veränderung zu zeigen". "Dann hätten Sie sich die Haare wachsen lassen", bemerkte daraufhin der vorsitzende Richter. "Ich hab' mich nie als Moslem gesehen," reagierte der 19-Jährige, "ich hab' das nur getan, um dazu zu gehören."
Verteidiger schob Schuld auf falsche Freunde und Handy
"Er hat blonde Haare. Sommersprossen. Er ist römisch-katholisch. Er war letztes Weihnachten in der Kirche. Er hat ein tätowiertes Kreuz hinter dem linken Ohr", betonte Verteidiger Fürthaler das Äußere seines Mandanten und dessen Glaubensbekenntnis. Dieser sei wegen falscher Freunde und "viel Zeit und einem Handy" in Richtung einer gewissen Auslegung des Islam abgedriftet.
Ab Ende Jänner 2025 hatte der Angeklagte offenbar genug vom IS. Nun verbreitete er 15 Nachrichten und Bilddateien, die aus Sicht des Staatsanwalts den Tatbestand der nationalsozialistischen Wiederbetätigung erfüllten. Der 19-Jährige hätte Hitler und dessen Werk "Mein Kampf" verherrlicht und Bildmontagen weitergeleitet, die beispielsweise Hitler mit entblößtem Oberkörper und der Anmerkung "verFÜHRERisch" zeigten, hielt der Ankläger fest.