Die Skandinavier zeigten sich zuletzt in Torlaune - die Geschlossenheit im Team ist die große Stärke - Tschechen bauen auf ihren Stürmer-Star Schick.
Dänemark geht als Favorit ins EM-Viertelfinale. Nach Niederlagen in den ersten beiden Gruppenspielen vor dem Aus stehend, dürfen die Nordländer bei der laufenden Endrunde wieder von einem Husarenstück wie 1992 träumen. Tschechien stellt sich den Dänen am Samstag (ab 18.00 Uhr im sport24-LIVE-Ticker) im Olympiastadion von Baku in der Runde der besten acht Teams in den Weg. Patrik Schick und Co. ersehnen ebenfalls eine Überraschung herbei.
Der Sieger spielt am Mittwoch im Halbfinale im Wembley-Stadion gegen England oder die Ukraine. Für die Dänen spricht: Die Mannschaft verkörpert seit dem Drama um den Zusammenbruch von Spielmacher Christian Eriksen im ersten EM-Spiel eine unglaubliche Geschlossenheit. Beim 4:1 gegen Russland schoss man sich überzeugend in die K.o.-Phase, im Achtelfinale wurde Wales 4:0 abserviert. Dänemarks Stärken hatten Ende März auch Österreich überrollt, als sich die Skandinavier in der WM-Qualifikation in Wien mit 4:0 durchsetzten.
Über den Zusammenhalt der Dänen hat ihr Stürmer Martin Braithwaite vom FC Barcelona das schöne Zitat gesagt: "Ich spiele zwar für den besten Club der Welt. Aber heute habe ich für die beste Mannschaft der Welt gespielt." Trainer Kasper Hjulmand hatte eine weitere Erklärung, warum seine Schützlinge so zielgerichtet auftreten: "Ich habe zwölf Spieler in meinem Kader, die in ihren Vereinen Kapitäne sind." Das sage etwas aus über den Charakter der Gruppe und auch das Verantwortungsbewusstsein innerhalb des Teams. Mit Eriksen, der sich in seiner Heimat von seinem Zusammenbruch erholt, steht die Mannschaft immer wieder in Kontakt.
Dänischer Kindheitstraum
Hjulmand sprach vor dem Viertelfinale von "einer Chance, die wir vielleicht nie wieder haben werden". Es sei ein Kindheitstraum. "Wir wollen diese Chance nutzen, müssen alles dafür tun." Tschechien spiele sehr intensiv und habe mit Schick einen sehr starken Angreifer, urteilte der Trainer. Als die Dänen 1992 Europameister wurden, war er 20 Jahre alt. Elf Spieler des EM-Kaders waren damals schon auf der Welt. Der Älteste, Torhüter Kasper Schmeichel, war fünf Jahre alt.
Yussuf Poulsen steht wieder zur Verfügung. Der Leipzig-Stürmer merkte jedoch an, nach seiner Muskelverletzung für 90 Minuten noch nicht fit genug zu sein. Sein Vertreter Kasper Dolberg lieferte gegen Wales mit zwei Toren eine überzeugende Vorstellung ab. Eriksens Ausfall haben die Dänen gut kompensiert. Der ab Samstag 21-jährige Mikkel Damsgaard von Sampdoria Genua wuchs in seiner Rolle.
Tschechien erinnerte sich ebenfalls an eine Sternstunde. Vor 25 Jahren zog die Landesauswahl mit Pavel Nedved oder Karel Poborsky ins EM-Finale ein, im Wembley setzte es dann ein 1:2 nach Golden Goal gegen Deutschland. Die aktuelle Mannschaft soll Tschechiens "Goldener Generation" nacheifern. Dusan Uhrin, 1996 Teamchef der Tschechen, meinte gegenüber der Zeitung "Sport": "Unser Erfolg kam 20 Jahre nach Belgrad 1976 (EM-Titel an Tschechoslowakei, Anm.), nun kämpft unser Team 25 Jahre später um den nächsten Erfolg. Es ist der ideale Zeitpunkt."
Tschechen haben Luxus-Problem
Tschechien hat im Achtelfinale die Niederländer (2:0) eliminiert. Kapitän Vladimir Darida fehlte verletzt, steht nun aber wie Linksverteidiger Jan Boril wieder zur Verfügung. Teamchef Jaroslav Silhavy steht vor dem Luxusproblem, ob er eine überzeugende Elf wieder verändern soll. Gesetzt ist Stürmer Schick. Mit bisher vier Treffern ist der 25-Jährige der Überraschungsstar der EM. "Wir haben die Niederlande geschlagen, warum sollen wir nicht auch Dänemark bezwingen?", sagte der Leverkusen-Profi selbstbewusst.
Der Spielort Baku ruft keine Begeisterung hervor. Mindestens 1.000 Dänen wollen ihr Team an das mehr als 3.000 Kilometer Luftlinie entfernte Kaspische Meer begleiten. Bei den Tschechen scheiterten Pläne, Zuschauer mit einem Charterflug zum Spiel zu bringen, weil sich unter Corona-Bedingungen nicht genug Interessenten gefunden hatten. Für die Teams sah Tschechiens Antonin Barak kein großes Problem. "Wir dürfen es gar nicht erst in unsere Köpfe kommen lassen, dass das ein Nachteil ist. Für die Mannschaften gelten die gleichen Bedingungen", sagte der Mittelfeldmann.