Cover-Star, Turn-Ikone und Vorreiterin: Am Sonntag (ab 3.00 Uhr MESZ) beginnt die erwartete große Show der Simone Biles.
Mit Neugier und Vorfreude blicken Turn-Fans und Protagonistinnen auf die Mannschafts-Qualifikation im Mehrkampf. Der Star der Turnwelt möchte in Tokio nicht nur eine Serie fortsetzen und Goldmedaillen gewinnen, sondern auch erstmals bei Olympia einen Sprung zeigen, der außer ihr noch keiner Frau gelungen ist.
Viermal Gold in Rio
Seit 2013 hat Biles keinen Wettkampf mehr verloren. Viermal Gold hatte die Ausnahmeturnerin bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio de Janeiro gewonnen. Spätestens seither ist sie der unumstrittene Star der Szene. Vor Tokio war sie unter anderem auf dem Cover von "Health Magazin" und "Wall Street Journal" zu sehen.
Und pünktlich zum Olympia-Auftakt hat die US-Amerikanerin sogar ein eigenes Emoji bei Twitter bekommen: Eine Ziege in einem Turndress bei einem Spreizsprung und mit einer Goldmedaille um den Hals. Die Ziege ist eine Anspielung auf den Ziegenkopf, den Biles seit geraumer Zeit auf ihren Turnanzügen trägt. Er symbolisiert das englische Wort "Goat" für Ziege - GOAT steht aber auch als Abkürzung für "Greatest Of All Times" (Größte aller Zeiten).
Sprung-Unikat geschafft
Simone Biles war erst Ende Mai nach einer 587 Tage dauernden Wettkampf-Pause auf die Turn-Bühne zurückgekehrt - und das mit einem Sprung, den nie zuvor eine Frau gezeigt hatte. Als Erste stand die 24-Jährige einen Jurtschenko mit doppeltem Rückwärts-Salto gebückt. Als Biles den Sprung im Training erneut zeigte, gestand sogar ihre Trainerin Annie Diluzo: "Ich war genauso schockiert wie alle anderen." Biles selbst verkündete nach dem Training nüchtern über die sozialen Medien: "Podiumstraining beendet - fühle mich ziemlich gut." "Wenn sie ihn so durchführt, könnten wir ihn (den Sprung, Anm.) im Bewerb sehen, aber ich weiß nicht, wann", fügte Diluzo an. Glückt Biles der Sprung bei den Spielen, wird er zukünftig ihren Namen tragen.
Missbraucht von Ex-Trainer
Die US-Turnerin ist nur 1,42 Meter groß, doch alle blicken zu ihr auf. Nicht nur aufgrund der Popularität, die sie ihrer Sportart verliehen hat, sondern auch wegen einer speziellen Geschichte: 2018, zwei Jahre nach ihren Coups von Rio, machte sie öffentlich, dass sie vom früheren Teamarzt Larry Nassar sexuell missbraucht worden sei. Noch immer ist das Thema für sie nicht abgeschlossen. "Oh, es ist noch lange nicht vorbei", hatte sie jüngst in einer Sendung des US-Fernsehsenders CBS gesagt. Es gebe noch viele unbeantwortete Fragen. "Wer wusste was wann?", fragte Biles.
Nach ihrer Ansicht hätten der Turnverband USA Gymnastics sowie das Olympische und Paralympische Komitee der USA zu wenig für die Aufklärung getan. Sie habe zu "einhundert Prozent" das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein.