Erst Athlet, dann Trainer

Olympia: Oblinger will 'Wünsche ablesen'

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Wer selbst als Athlet mehr als zwei Jahrzehnte erfolgreich in seinem Sport aktiv war und danach in die Trainerrolle schlüpft, hat vieles weiterzugeben.  

"Sie haben den gleichen Traum, den ich jahrelang gelebt habe. Die Sportler dabei zu unterstützen, macht Spaß", sagte Wildwasser-Kanu-Cheftrainer Helmut Oblinger in Tokio mit Blick aufs Wasser und sein Trio Felix Oschmautz, Nadine Weratschnig und Viktoria Wolffhardt, das im Training noch an der letzten Olympia-Form schleift.

Riesige Erfahrung bei Olympia

Es sei einfach schön, wenn man junge Sportler unterstützen könne, erklärte der Oberösterreicher am Mittwoch im Gespräch mit der APA - Austria Agentur. 2016 trat Oblinger den Chefposten im österreichischen Verband an, zuvor war er von 1996 bis 2012 selbst bei insgesamt fünf Sommerspielen als Aktiver am Start gewesen. Platz vier 2000 in Sydney, sieben 2008 in Peking und acht 2012 in London waren seine besten Ergebnisse.

"Viele Sachen, die sie jetzt durchleben, habe ich auch durchlebt. Das bringt eine gewisse Ruhe, Gelassenheit. Ich kann mich sicher besser in einen Sportler hineinversetzen. Ich weiß, was damals meine Wünsche waren. Das versuche ich dem Sportler auch abzulesen, anzubieten, zu unterstützen. Es sind oft kleine Dinge", führte Oblinger aus. Da er so viel Erfahrung von Olympischen Spielen habe, wisse er, dass man sich vom Drumherum nicht beeindrucken oder ablenken lassen dürfe. "Ich weiß, der Job ist erst erledigt, wenn ich im Flieger nach Hause sitze."

"Geisterspiele" Vorteil für die Jungen

Dass die Spiele in Tokio unter besonderen Umständen und ohne Zuschauer stattfinden, könnte den Jungen dabei helfen, den Fokus zu halten. "Das gilt für junge Sportler. Ja, da wäre sicher die Gefahr, dass sie sich bei ihren ersten Spielen von der Stimmung anstecken lassen und dann vielleicht overpacen. Die schon erfahrener sind, brauchen aber vielleicht die Stimmung, um sich noch einmal zu motivieren, zu pushen." Dass alles ruhiger abgehe, habe auch mit der Masken-Tragepflicht zu tun. "Man lebt nicht mehr so frei, spricht weniger mit Leuten und kapselt sich irgendwie von der Umwelt viel mehr ab."

Noch gleiche das Ganze vom Ambiente eigentlich einem Trainingswettkampf. "Aber natürlich ist es klar was anderes. Normalerweise haben wir im Weltcup ein Startintervall von einer Minute. Wenn es wie hier dann drei Minuten am Start sind, hat man schon mehr Zeit. Da können schon mehr Gedanken durch den Kopf schießen. Aber ich glaube, wir sind alle gut gerüstet." Noch sei alles ziemlich entspannt, versicherte Oblinger.

2008 letzte Medaille

Der Kanusport hat im Zeichen der Fünf Ringe eine Wandlung erlebt. "Er ist ein bisschen elitärer geworden. Früher hat es viel mehr Teilnehmer gegeben", erinnerte der Ehemann von Violetta Oblinger-Peters, die 2008 in Peking mit Bronze die bisher letzte ÖKV-Medaille gewann. Durften 1996 in Atlanta noch drei Athleten pro Nation in einem Bewerb antreten, so waren es 2004 in Athen für die Topnationen noch zwei - mittlerweile gibt es nur noch einen Quotenplatz pro Land.

"Als Trainer hast du jetzt Sportler daheim, die dir leidtun, die musst du auch motivieren. Es wäre viel schöner, wenn wir ein komplettes Team bei Olympia hätten. Dann wäre die ganze Qualifikation nicht so persönlich, dann versucht man mehr miteinander. So muss jeder Sportler auf sich schauen, ganz klar. Jeder will zu Olympia, da ist das Ganze nicht mehr so ein Miteinander." Mit Corinna Kuhnle und Mario Leitner im Kajak musste der österreichische Verband ein Top-Duo daheim lassen.

Verändert haben sich im Laufe der Jahre auch die Wildwasserkanäle. "Der Trend ist, dass es immer einfacher wird, das Gefälle wird weniger. Athen war drei-, viermal so viel Gefälle und das Ganze technisch viel anspruchsvoller." Man könne seine technischen Fähigkeiten nicht mehr so ausspielen, das Körperliche sei in den Vordergrund gerückt. Aber man habe auch lange Zeit gehabt, sich darauf einzustellen, sagte Oblinger, bevor es am Sonntag für Österreichs Slalomfahrer losgeht.

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