Unsere Tiere

Der Biber als wichtiger Baumeister muss geschützt werden

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150 Jahre nach ihrer Ausrottung findet man heute wieder Biber in heimischen Flusslandschaften. Die Nager machen sich vor allem durch ihre Bauaktivitäten bemerkbar. Sie fällen Bäume, errichten Dämme und graben Tunnel und erhöhen dadurch in den Flusslandschaften die Biodiversität.

Biber waren ursprünglich in ganz Österreich verbreitet und in allen heimischen Fließgewässern zu Hause. Doch die Nager waren für Jäger eine lukrative Beute. Der dichte Biberpelz wurde teuer verkauft und auch das sogenannte „Bibergeil“ war am Markt gefragt. Bibergeil ist ein Drüsensekret mit dem der Biber sein Revier markiert. Schon im 17. Jahrhundert wurde dieses Sekret wegen seiner schmerzlindernden Wirkung als Heilmittel verwendet. Darüber hinaus war der Biber auch eine beliebte Mahlzeit. Denn während der Fastenzeit war es Gläubigen verboten Fleisch zu essen, Fisch war jedoch erlaubt. Da der Biber hauptsächlich im Wasser lebt und auch sein Schwanz schuppig ist wie ein Fisch, wurde der Verzehr von Biberfleisch während der Fastenzeit kurzerhand erlaubt.

Nach ziemlich genau hundertjähriger Abwesenheit wurden in den 1970er Jahren Biber in Österreich angesiedelt. Insgesamt 32 europäische und 15 kanadische Biber setzte das Team des Instituts für vergleichende Verhaltensforschung und der Stadt Wien an der Donau aus. Die kanadischen Biber sind bald nach der Ansiedelung verschwunden – vermutlich erkrankten sie an heimischen Nagerkrankheiten, auf die ihr Immunsystem nicht vorbereitet war. Die europäischen Biber, die aus Polen, Schweden und Weißrussland nach Österreich gebracht wurden, fühlten sich in Österreich wohler und eroberten bald die heimischen Flusslandschaften. Dass zwei Arten innerhalb der Gattung Biber unterschieden werden, wusste man zum Zeitpunkt der Aussetzung nicht. Das Erkranken und Verschwinden der kanadischen Biber ist letztlich als positiv zu werten, denn das Einbringen von fremdländischen Arten bedeutet eine Faunenverfälschung und kann ungeahnte Folgen für die Ökosysteme haben.

Ein Biber wird zwischen 20 und 30 kg schwer und erreicht eine Länge von bis zu 135 cm. Er ernährt sich hauptsächlich von Rinde – dazu fällt er mit seinen großen und langen Schneidezähnen Bäume und errichtet sich Nahrungsflösse, ein Wintervorrat aus etlichen Zweigen. Bibereltern leben mit ihren Jungen vom diesjährigen und auch des letzten Jahres gemeinsam in einem Revier. Die Paarung findet im Hochwinter statt. Nach ca. 3 Monaten kommen 2 bis 4 Junge zur Welt. Erwartet die Bibermutter wieder Nachwuchs, so werden die mittlerweile zweijährigen Jungen aus dem Revier vertrieben und müssen sich eigene Reviere suchen. Dabei müssen oft weite Strecken zurückgelegt werden und fremde Biberreviere durchwandert werden. Da Biber ihre Reviere äußerst vehement verteidigen, ist dies oft mit brutalen Kämpfen verbunden. Viele Jungbiber sterben auf ihrem Weg zum eigenen Revier.

Geschützt durch nationale und internationale Schutzbestimmungen erfüllt der Biber eine ökologische Schlüsselfunktion. Hat der Biber erst einmal ein Revier gefunden, beginnt er auch schon mit der Umgestaltung seines Lebensraumes. Ist ihm der Wasserstand zu niedrig, baut er sich Dämme, um Fließgewässer zu stauen. Vom Menschen begradigte Flüsse bekommen wieder einen natürlicheren Lauf. Das mildert die negativen Auswirkungen von Starkregen, Hochwasser oder Trockenperioden ab und wirkt ausgleichend auf den gesamten Wasserhaushalt eines Gebietes. Durch die Schaffung eines kleinräumigen Mosaiks an Lebensräumen und ihren Elementen trägt der Biber entscheidend zur Artenvielfalt bei. Es entstehen besonnte, pflanzenreiche Flachwasserzonen und große Totholzmengen in unterschiedlichster Form. Ufer- und Auengehölze werden aufgelichtet und strukturiert. Die permanenten Biberaktivitäten schaffen so Lebensräume für viele Insekten, Vögel und Laich- und Versteckmöglichkeiten für Fische und Amphibien. Daher wird der Biber zu Recht als „Ökosystem-Ingenieur“ bezeichnet.

Nachdem Biber bis auf wenige Populationen in Europa beinahe komplett ausgerottet wurden, findet man die Nagetiere heute wieder in über 25 Ländern. Sie stehen zwar unter Schutz, doch aufgrund menschlicher Aktivitäten bleibt den tierischen Baumeistern nicht mehr viel Raum zum Leben. Ihr Hang zur Landschaftsgestaltung steht heute in Konkurrenz zu menschlichen Nutzungsinteressen wie z.B.: der Landwirtschaft und führt zu Konflikten, die für die geschützten Tiere mitunter tödlich enden. Der WWF Österreich setzt sich dafür ein, dass wir Menschen wieder lernen, unseren Lebensraum mit dem Biber zu teilen und Konflikte anders als mit der Flinte zu lösen.

Jetzt geht es darum, dass wir wieder lernen, unseren Lebensraum mit den tierischen Baumeistern zu teilen und das Miteinander von Biber und Mensch möglichst konfliktfrei zu gestalten. Hierfür braucht es ein kluges Biber-Management, das in erster Linie auf Prävention setzt. Oft reichen einfache Mittel, wie die Errichtung von Zäunen oder der Schutz von Bäumen, um Biber-Schäden vorzubeugen. Wo erwünscht, bringt sich der WWF darum bei der Entwicklung von Managementplänen ein, macht mit dem „Bundesländerbarometer“ auf Mängel aufmerksam und pflegt den Dialog mit Stakeholder*innen.

Ausschlaggebend für die positive Entwicklung der österreichischen Biberbestände ist die Akzeptanz der lokalen Bevölkerung – also der Menschen, die in Österreich leben. Es braucht ein grundlegendes Verständnis für die Lebensweise des Bibers, der sich von Natur aus nicht an unsere Besitzgrenzen halten kann. Die Rückkehr und Baulust des tierischen Landschaftsgestalters stoßen nicht überall auf Freude. Dabei erfüllt seine „Arbeit“ wichtige ökologische Funktionen und sorgt für artenreiche Lebensräume. Sein Verschwinden würde eine empfindliche Lücke hinterlassen. Ein Teil der Arbeit des WWF besteht darin, aufzuklären, die positiven Eigenschaften dieser Tiere ins Rampenlicht zu stellen und zu zeigen, wie ein konfliktfreies Miteinander möglich ist.

Der Biber ist streng geschützt, dennoch kommt es immer wieder zu Fällen illegaler Verfolgung. Die Wildtierkriminalität in Österreich muss konsequent bekämpft werden. Wilderei und illegale Entnahmen sind kein Kavaliersdelikt, sondern ein Gesetzesverstoß. Aus Sicht des WWF ist es wichtig, die Zusammenarbeit zwischen Exekutive, Justiz, Expert*innen auszubauen. Verstärkte Kontrollen, die vermehrte Ahndung von Delikten sowie die Klärung offener Fragen im Rechtssystem sind weitere wichtige Schritte im Kampf gegen die illegale Verfolgung von Wildtieren.

Unsere Tiere – Das große oe24.TV-Tierschutzmagazin von Sonntag, 22. Mai 2022, hier in voller Länge sehen.

Nächste Ausgabe Unsere Tiere: 29. Mai 2022, 18:30 Uhr.  

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