Aktivisten in Wien: "Gender-Apartheid" sollte international bestraft werden
"Afghanistan ist für Frauen die Hölle auf Erden." Mit klaren Worten beschrieb eine afghanische Menschenrechtsaktivistin in Wien die "Gender-Apartheid" unter dem islamistischen Taliban-Regime in ihrer Heimat. Zum Abschluss der zweitägigen Konferenz für ein Demokratisches Afghanistan kamen am Dienstagabend in einer Podiumsdiskussion auch Frauen zu Wort, die selbst Schlimmes erlitten hatten.
Parwana Ibrahimkhalil Nejrabi war im Zuge von Frauendemonstrationen inhaftiert worden, erlebte Folter und Gefängnis. "Die Taliban zeigten ihr wahres Gesicht." Die ehemalige Diplomatin Nazifa Haqbal beschrieb den Alltag der vom öffentlichen Leben ausgesperrten Frauen. Das Faktum der "Gender-Apartheid" in Afghanistan sei inzwischen von internationalen Rechtsexperten bestätigt werden. Die Taliban sollten "isoliert" und als internationale Täter abgestraft werden. Als internationale Verhandlungspartner sollten sie nicht akzeptiert werden.
Auch die Aktivistin Parasto Hakim appellierte an die Weltgemeinschaft, "die Täter" in Afghanistan zu bestrafen. "Die Taliban glauben nicht an die Demokratie." Im Vorjahr hatte in Katar eine UNO-Konferenz stattgefunden, an der auch eine Delegation der Taliban teilnahm. Es ging dort vor allem um Menschenrechte in Afghanistan sowie Drogenproduktion und -handel. Seitens der UNO wurde betont, die Präsenz der Taliban bedeute keine Anerkennung ihrer Herrschaft.
Botschafterin Bakhtari: Taliban Bedrohung für globale Sicherheit
Die frühere Parlamentarierin Fawzia Kofi erinnerte an die Vergangenheit Afghanistans, das in historischen Zeiten durch einen moderaten Sufismus geprägt war. Der militärische Islam sei erst viel später ins Land gekommen, auch radikale Terroristengruppen. Die afghanische Botschafterin im Österreich, Manizha Bakhtari, die noch die frühere Regierung repräsentiert, sprach vom "Versuch der Taliban, Frauen im öffentlichen Leben auszuradieren". Die brutale Machtergreifung der Taliban vor über drei Jahren habe eine große Krise ausgelöst, die auch die globale Sicherheit bedrohe. Tausende radikale Kämpfer aus Nachbarstaaten hielten sich nun in Afghanistan auf. Folgen waren die Eskalation der Flüchtlingsströme und des Drogenhandels.
Bekannter Kämpfer Ahmad Massoud hielt sich von der Öffentlichkeit fern
Der frühere afghanische Politiker Abdullah Khenjani betonte, dass der Vienna Process zur Zukunft Afghanistans keine militärischen Ziele verfolge. Österreich drückte er seine Anteilnahme wegen Anschlägen von jungen Afghanen aus. Zugleich kritisierte er den Westen, namentlich die USA, die nach den Attentaten vom 11. September 2001 zu nachlässig gegenüber dem Terror geworden seien. Viele Menschen waren "demoralisiert". An der Wiener Konferenz nahm auch Ahmad Massoud teil, der im Panjir-Tal eine Kampftruppe gegen die Taliban aufstellte, aber nach deren Machtübernahme im September 2021 nach Tadschikistan floh. Massoud trat allerdings vor der Presse im VIC nicht in Erscheinung. Wie verlautete, sei man überein gekommen, dass der bekannte Kämpfer, Sohn des gleichnamigen Ahmad Schah Massoud, den Menschenrechtsaktivisten den Vortritt lassen solle.
Wichtige Rolle der Zivilgesellschaft
Auch ein afghanischer Absolvent der Diplomatischen Akademie ergriff in der Abschlussveranstaltung das Wort. Hussein Ayrobi unterstrich die wichtige Rolle der Zivilgesellschaft, auch jetzt unter der Taliban-Herrschaft. Zur Migrationsproblematik in Europa und konkret zu den Kriminalfällen unter afghanischen Flüchtlingen hielt er fest, dass diese angesichts der Millionen von Flüchtlingen eine Minderheit darstellen. Kritik übte er auch an der Abschiebungspolitik. Mangelnde Sozialisierung könne zu Radikalisierung führen.
Die Diskussion in der Diplomatischen Akademie unter der Ägide des AIES (Austria Institut für Europa und Sicherheitspolitik) stand unter dem Motto "One Struggle, many Movements. The Opposition to the Taliban Tyranny in Afghanistan" (Ein Kampf, viele Bewegungen: Die Opposition zur Tyrannei der Taliban in Afghanistan). Die Vizedirektorin der Diplomatischen Akademie, Martina Schubert, wies eingangs auf die hohe Zahl afghanischer Flüchtlinge in Österreich hin. 2024 wurden in Österreich rund 25.000 Asylanträge und Schutzgewährungen verzeichnet. Der größte Teil davon betraf Syrer, von Afghanen kamen rund 3.300 Anträge.