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Regime stoppt Evakuierung

Aleppo: "Rettet unsere Kinder"

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Kaum hat die Evakuierung von Ost-Aleppo begonnen, wird sie gestoppt.

Als endlich die grünen Busse mit den ersten Verletzten und Zivilisten aus dem völlig zerstörten Aleppo rollen, scheint das Ende des Martyriums für die Zehntausenden vom jahrelangen Krieg in Syrien geschundenen Menschen greifbar.

Behinderungen. Doch schon am Freitag zerstäubt die Hoffnung der Einwohner Aleppos erneut: Die syrische Führung unterbricht die Evakuierung. Sie spricht von „Behinderungen“, die es gegeben habe und wirft den Rebellen vor, die Auflagen für ihren kampflosen Abzug gebrochen zu haben. Ein Zeuge berichtet, Granat-Einschläge seien auf der Route der Busse zu hören.

Die Rebellen und ein oppositioneller Fernsehsender melden, schiitische Milizen hätten die Konvois beschossen. Diese Milizen, darunter die libanesische Hisbollah, werden vom Iran unterstützt und stehen im Kampf um Aleppo an der Seite von Syriens Machthaber Baschar al-Assad.

Aleppo
© Reuters

Die Evakuierung läuft
 nur sehr schleppend an

Die Verwirrung ist komplett, als Russland über seine Nachrichtenagenturen meldet, die Evakuierung Ost-Aleppos sei erfolgreich abgeschlossen, über 100.000 Zivilisten seien in Sicherheit.

Davon kann allerdings keine Rede sein. Schon am Donnerstagabend war klar, dass der Plan, am ersten Tag der Waffenruhe 15.000 Menschen zu evakuieren, nicht aufgehen würde. Erst 3.000 Menschen hatten Donnerstagnacht Ost-Aleppo verlassen. Die Türkei spricht am Freitagmorgen von 8.000 Evakuierten.

Eingeschlossene. Der UNO-Sondergesandte Staffan de Mistura geht von 50.000 noch immer eingeschlossenen Menschen aus. Hilfsorgani­sationen rechnen sogar mit 70.000 Menschen, die noch gerettet werden müssen. Ein Arzt aus Ost-Aleppo berichtet: „Es ist eine sehr düstere Situation, es gibt keine Krankenwagen. Die Menschen verbluten auf den Straßen.“

Aleppo
© Reuters

"Es tut weh zu wissen, dass noch so viele dort sind"

„Es tut weh zu wissen, dass noch so viele dort sind“, sagt Caritas-Auslandskoordinator Christoph Schweifer zu ÖSTERREICH. Den Helfern ist der Zugang nach Ost-Aleppo versperrt. „Wir erwarten Hunderte schwer Verletzte und Kranke, die dringend medizinische Hilfe benötigen“, berichtet Evita Mouawad von Ärzte ohne Grenzen ÖSTERREICH.

Die Organisation hat 45 Tonnen an Gütern für die medizinische Versorgung bereitgestellt. Fraglich ist, ob die Hilfsgüter die Menschen erreichen, bevor es für viele von ihnen zu spät ist.

In Rebellenhochburg Idlib droht das nächste Aleppo

Warnung. Unklar ist auch, was mit den Geretteten geschehen soll. Syrien sicherte den abziehenden Kämpfern freies Geleit in die Rebellenhochburg Idlib zu. Doch auch hier toben seit Jahren die Kämpfe. Der UN-Gesandte de Mistura warnt vor dem „nächsten Aleppo“.

Türkische Offizielle sagten am Freitag, alle jetzt aus Syrien flüchtenden Menschen aufzunehmen sei „unrealistisch“. (baa)

Aleppo Kinder
© Reuters

Aleppos Waisenkinder flehen Welt um Hilfe an

Es ist herzzerreißend, es ist traurig: Rund 50 Kinder eines Waisenhauses in Ost-Aleppo stehen in einem dunklen Gang.

Mit Hauben und Pullovern schützen sie sich notdürftig vor der winterlichen Kälte, die in Aleppo jetzt herrscht. Sie sind in dem Haus gefangen. „Wir können nicht raus, wir haben Angst vor den Luftangriffen“, sagt ein Kind.

Die 10-jährige Yasmeen Qanouz sagt: „Das ist vielleicht das letzte Mal, dass ihr mich seht und meine Stimme hört.“

„Bitte holt uns hier raus“, fleht das Mädchen. Um sie herum die anderen Kinder. „Wir wollen leben, wie andere Kinder auch“, sagen sie. Die Video-Botschaft berührt die ganze Welt.

Kriegswaisen. Aufgenommen hat sie Heimleiter Asmar Halabi, veröffentlicht die Hilfsorganisation Syrian American Medical Society. Das jüngste der Kinder, die ihre Eltern im Krieg verloren haben, ist noch ein Säugling. Jetzt scheint die Rettung nah. Doch die Kinder des Waisenhauses warten und leiden noch immer.

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