Nukleare Wolke droht

Angst vor neuer Tschernobyl-Katastrophe

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Der Ex-Direktor des AKW's warnt vor der maroden ukrainischen Anlage.

25 Jahre nach der Atomkatastrophe von Tschernobyl hat der frühere Direktor des Kernkraftwerks vor einem neuen schweren Nuklearunfall an der maroden ukrainischen Anlage gewarnt. Der damals explodierte Reaktor 4 sei in einem extrem unsicheren Zustand, sagte Michail Umanez am Freitag in Kiew.

Es drohe jederzeit eine Kettenreaktion mit Todesgefahr. "Wir werden alle zu Verbrechern, wenn wir das nicht verhindern", warnte der 73-Jährige auf einer Greenpeace-Tagung zum Jahrestag der Katastrophe.

Das bisher folgenreichste Unglück in der Geschichte der zivilen Nutzung der Atomenergie ereignete sich am 26. April 1986. Der damals notdürftig errichtete Sarkophag um den Reaktor gilt als einsturzgefährdet. Experten hatten eine "Lebensdauer" bis 2016 errechnet. "Die Gefahr, dass die Metall- und Betonkonstruktion einstürzt, erhöht sich aber mit jedem Tag, weil die Radioaktivität die Materialien zersetzt", sagte Umanez. "Es droht eine neue nukleare Wolke, die auch wieder nach Westeuropa ziehen kann."

Greenpeace mahnt
Auch Greenpeace-Experten mahnten dringenden Handlungsbedarf an. Unter der provisorischen Schutzhülle lagerten 190 Tonnen radioaktives Material, sagte der Atomphysiker Heinz Smital. "Im Fall eines Einsturzes könnten mindestens fünf Tonnen radioaktiver Staub freigesetzt werden, der beim Einatmen tödlich sein kann", sagte Smital.

Der Greenpeace-Experte appellierte auch an die Internationale Atomenergiebehörde IAEA, die Reaktorunglücke im japanischen Fukushima der Katastrophe von Tschernobyl gleichzusetzen. "Es ist politisch unverantwortlich, hier die Stufe 5 aufrechtzuerhalten", betonte er.

Nach der internationalen Ines-Skala (International Nuclear and Radiological Event Scale) erhielt Tschernobyl die höchste Stufe 7. In Fukushima sei inzwischen ein Vielfaches der bei Stufe 7 angesetzten Radioaktivität ausgetreten, sagte Smital. Gleichwohl bleibe der Tschernobyl-Unfall die folgenschwerste Atomkatastrophe, weil die radioaktive Wolke sich auch wegen eines Großfeuers in dicht besiedelten Teilen der Welt ausgebreitet hatte.

"Super-Sarkophag"
Die damaligen Aufräumarbeiter von Tschernobyl - die so bezeichneten Liquidatoren - forderten die internationale Gemeinschaft zur Mitfinanzierung des seit langem geplanten "Super-Sarkophags" auf. Sie beklagten, dass die ukrainische Führung heute nicht einmal mehr einen Zeitplan nenne.

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