Umstrittenes Atomprogramm

Atombehörde stellt Iran Ultimatum

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 Bis spätestens März soll Teheran alle offenen Fragen beantworten.

Gut drei Monate bleiben dem Iran: Bis März hat Teheran Zeit, um alle noch offenen Fragen im Atomstreit zu beantworten. Diese Frist hat der Gouverneursrat der Internationalen Atomenergiebehörde IAEO (IAEA) am Freitag in seiner Iran-Resolution in Wien gesetzt. Die USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland verfassten gemeinsam mit China und Russland den Text der Resolution, der von 32 der 35 Ratsmitglieder angenommen wurde. Nur Kuba und Ecuador stimmten gegen den Text, Indonesien enthielt sich.

Der Rat sei "zutiefst und zunehmend besorgt" über Irans vermutetes Atomwaffenprogramm, heißt es in der Resolution. "Die Internationale Gemeinschaft kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen", wurde das Dokument begründet. In einer ersten Reaktion auf den Beschluss des Rats kündigten die Revolutionären Garden in Teheran nach Angaben der Agentur IRNA ein Manöver der Luftabwehr an, bei dem schon ab Freitagabend ein israelischer Luftangriff auf die iranischen Atomanlagen simuliert werden sollte.

Irans Botschafter bei der Atomenergiebehörde, Ali Asghar Soltanieh, warf den Atomwächtern vor, der Bericht sei "unfachmännisch, unausgewogen, illegal und politisch motiviert". Daher sei jede Resolution, die auf diesem Bericht basiere, "nicht rechtlich bindend". Der Iran selbst ist nicht im Gouverneursrat vertreten, hat aber sein Recht wahrgenommen, sich zu der Angelegenheit zu äußern. Die IAEO wandle sich zu einer "geheimdienstlich-militärisch orientierten Agentur, die sich von ihrem Mandat entfernt", kritisierte Soltanieh.

Soltanieh sagte, die von der IAEO geforderte Reise von Inspektoren in den Iran sei derzeit nicht möglich. Sein Land werde zudem der Atomwaffen-Konferenz der IAEO für den Nahen Osten in der kommenden Woche fernbleiben. IAEA-Chef Yukiya Amano sei unprofessionell, und das Treffen werde keinen Nutzen bringen, sagte Soltanieh zur Begründung. Zu der Konferenz in Wien werden Vertreter Israels und arabischer Staaten erwartet.

Der Iran warf außerdem den Geheimdiensten Israels und der USA vor, auf seine Atomwissenschaftler Mordanschläge zu verüben. Soltanieh sagte in Wien, wenn diese Wissenschaftler auf Listen der IAEO auftauchten, würden sie zu "Zielscheiben" von terroristischen Gruppen und den Geheimdiensten Israels und der USA. Mehrere iranische Wissenschaftler waren in den vergangenen Monaten ermordet worden.

Mit der neuen Iran-Resolution erhöht die Atomenergiebehörde den Druck auf Teheran. Die Unterzeichner fordern Teheran auf, "endlich seine internationalen Verpflichtungen vollständig und unverzüglich zu erfüllen". Die IAEO führe ihre Bemühungen um eine diplomatische Lösung weiter und rufe den Iran auf, "ernsthaft und ohne Vorbehalte" in Dialog mit der Behörde zu treten. IAEO-Chef Amano wird beauftragt, bei der nächsten Sitzung des Gouverneursrats Anfang März über den Stand der Kooperation zu berichten. Wenn der Iran weiter ernsthafte Verhandlungen über sein Atomprogramm verweigere, "werden neue Sanktionen unausweichlich", erklärte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad

Mit diesem Text verzichtet die IAEO auf ihr schärfstes Mittel, den Fall an den UNO-Sicherheitsrat zu verweisen. Dies sei geschehen, um Russland und China für eine Resolution zu gewinnen, hieß es aus diplomatischen Kreisen. Die beiden UNO-Vetomächte hatten wiederholt neue Strafmaßnahmen gegen den Iran abgelehnt. Der russische Vertreter Grigori Berdennikow kritisierte zwar nach Angaben eines Sitzungsteilnehmers, dass die Inhalte des IAEO-Berichts noch vor der Weitergabe an die Mitglieder an die Öffentlichkeit gelangt seien. Dies sei "schwerlich als professionell und unvoreingenommen zu bezeichnen", sagte der Diplomat demnach. Russland teile jedoch die Meinung, dass der Iran "weitere Maßnahmen ergreifen muss, um die Angelegenheit transparent zu machen".

Israel hatte im Vorfeld der Iran-Diskussion im Gouverneursrat schärfere Sanktionen gefordert. Israels Verteidigungsminister Ehud Barak wollte sich am Freitag am Rande einer Sicherheitstagung in Kanada mit US-Verteidigungsminister Leon Panetta treffen.

Das Weiße Haus bekräftigte am Freitag die Entschlossenheit der USA, einen iranischen Atomwaffenbesitz zu verhindern. Ein nuklear bewaffneter Iran würde eine "ernste Bedrohung" für den regionalen Frieden und die internationale Sicherheit darstellen", erklärte Sprecher Jay Carney. Die USA würden "sowohl im Konzert mit unseren Partnern als auch einseitig den Druck auf Teheran fortsetzen, bis der Iran sich dafür entscheidet, den derzeitigen Weg einer internationalen Isolation zu verlassen".

Die IAEO hatte in ihrem jüngsten Iran-Bericht Hinweise auf ein geheimes militärisches Atomprogramm Teherans dokumentiert. Dem islamischen Land wird vorgeworfen, bis zumindest 2010 an der Entwicklung eines atomaren Sprengkörpers gearbeitet zu haben. Dies sei "eine eklatante Verletzung des Vertrags über Nichtverbreitung von Kernwaffen", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands: "Der Bericht zeichnet ein sehr verstörendes Bild".
 

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