Mildes Urteil

Bis zu 12 Jahre Haft für Sauerland-Bomber

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Islamisten wollten Ende des Bundeswehr-Einsatzes in Afghanistan erzwingen.

Im Prozess um die geplanten Terroranschläge der Sauerland-Gruppe in Deutschland hat das Oberlandesgericht Düsseldorf die vier Angeklagten am Donnerstag zu teils hohen Haftstrafen verurteilt. Die deutschen Konvertiten Daniel Schneider und Fritz Gelowicz erhielten Freiheitsstrafen von jeweils zwölf Jahren, der türkische Staatsbürger Adem Yilmaz von elf Jahren. Als Helfer des Trios wurde der Deutsch-Türke Atilla Selek zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Die Angeklagten nahmen das Urteil ohne erkennbare Gefühlsregung auf.

Die Bundesanwaltschaft hatte zwischen 13 und fünfeinhalb Jahre Haft für die Angeklagten gefordert, die Verteidiger beantragten deutlich niedrigere Strafen. Die Islamisten im Alter zwischen 24 und 31 Jahren hatten in dem Prozess gestanden, im Auftrag der Terrorgruppe Islamische Jihad-Union (IJU) mindestens drei verheerende Autobombenanschläge auf US-Bürger und US-Einrichtungen in Deutschland vorbereitet beziehungsweise bei der Vorbereitung geholfen zu haben. Dabei sollten mindestens 150 amerikanische Militärangehörige sterben.

"Zweiter 11. September"
"Einen Anschlag von einem solchen Ausmaß hat es in Deutschland noch nie gegeben und auch nicht die Verabredung zu einem solchen Anschlag", betonte der Vorsitzende Richter Ottmar Breidling in seiner Urteilsbegründung. In den Köpfen der Angeklagten habe die Vorstellung von einem "zweiten 11. September" herumgespukt.

Gelowicz, Schneider und Yilmaz waren nach monatelanger Observierung am 4. September 2007 in einem Ferienhaus im sauerländischen Medebach-Oberschledorn beim Bombenbau festgenommen worden, Selek wurde wenig später in der Türkei verhaftet.

Sprengkraft von 410 Kilo TNT
Der 30-jährige Gelowicz war nach Überzeugung des Gerichts der Motor der Terrorzelle. Er habe spätestens Ende Dezember 2006 mit der Vorbereitung der Anschlagsvorhaben begonnen. Die anderen drei seien spätestens drei Monate später dazugestoßen. Gelowicz beschaffte insgesamt zwölf 65-Kilogramm-Fässer mit 35-prozentiger Wasserstoffperoxid-Lösung, aus der er Bomben herstellen wollte. Die fertigen Sprengsätze hätten nach Angaben des Gerichts eine Sprengkraft von etwa 410 Kilogramm TNT gehabt. Doch gelang es den Sicherheitsbehörden frühzeitig, die gefährliche Chemikalie gegen eine ungefährliche Flüssigkeit auszutauschen.

Breidling unterstrich, der Sauerland-Prozess habe "mit erschreckender Deutlichkeit gezeigt, zu welchen Taten hasserfüllte, verblendete und von verqueren Jihad-Ideen verführte junge Menschen bereit und in der Lage sind". Das Verfahren habe auch gezeigt, dass es "offenbar zahlreiche verführbare oder schon verführte und verblendete junge Männer" geben, die ihr bisheriges Leben hinter sich ließen "und sich in den Jihad begeben, also auf den Weg zum Töten".

Größter Islamistenprozess der Geschichte
Dies geschehe vielfach "sogar mit dem Wunsch, ihr eigenes Leben für ihre wirren Jihad-Ideen zu opfern", sagte der Staatsschutzrichter. Es müsse mit Erschrecken zur Kenntnis genommen werden, dass der weltweite islamistische Terrorismus als "Geißel unserer Zeit" weiter um sich greife und inzwischen junge Menschen aus westlichen Kulturen erfasse. Der gewaltbereite Islamismus habe offenbar "auch auf junge Menschen in unserer Gesellschaft eine verheerende Anziehungskraft".

Im Düsseldorfer Hochsicherheitstrakt ging damit nach rund zehn Monaten und 65 Verhandlungstagen einer der größten Islamistenprozesse in der Geschichte der Bundesrepublik zu Ende. Allein die Verfahrensakten füllen über 600 Aktenordner.

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