Brexit-Showdown

Parlament schmettert Johnsons Neuwahl-Antrag ab

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Zuvor stimmten die Abgeordneten auch für eine erneute Verschiebung des EU-Ausstiegs im Falle eines No-Deals.

Der britische Premierminister Boris Johnson ist am Mittwochabend mit seinem Antrag auf eine Neuwahl im Unterhaus in London gescheitert. Zuvor hatten die Abgeordneten für ein Gesetz gestimmt, das einen ungeregelten Brexit am 31. Oktober verhindern soll, falls es vorher keinen Ausstiegsvertrag gibt. Das Gesetz muss jetzt noch vom Oberhaus gebilligt werden.

298 stimmen für den Antrag des Regierungschefs, 56 dagegen. Damit wurde die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Unterhaus für vorgezogene Neuwahlen nicht erreicht für die die Stimmen von 434 Mandataren nötig gewesen wäre. Premierminister Boris Johnson will auch nach der Niederlage im Parlament Großbritannien spätestens am 31. Oktober aus der EU führen.

Wenn er nach dem 15. Oktober noch Premierminister sei, werde er auf jeden Fall Ende Oktober den Brexit durchsetzen, sagte er. Johnson schlug für Mitte Oktober Neuwahlen vor.

"Das ist ein Gesetzentwurf, der dazu gemacht ist, das größte demokratische Abstimmungsergebnis in unserer Geschichte umzudrehen, das Referendum von 2016", sagte Johnson nach dem Votum über das No-Deal-Gesetz im Unterhaus.

Bei der Abstimmung nach dritter Lesung stimmten im Unterhaus 327 Abgeordnete für die Vorlage und damit gegen den erklärten Willen von Johnson. Nur 299 votierten dagegen.

Der Regierungschef reagierte nach seiner Niederlage umgehend und stellte vorgezogene Neuwahlen zur Abstimmung. Bei der Abstimmung, die noch am Abend erfolgen sollte, drohte ihm allerdings eine weitere Niederlage: Für vorgezogene Neuwahlen ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Parlament erforderlich - also auch die Unterstützung der oppositionellen Labour-Partei.

Labour hatte in den vergangenen Monaten zwar immer wieder Neuwahlen gefordert, es wurde aber erwartet, dass sich ihre Abgeordneten nun enthalten würden. Die Opposition befürchtet, dass Johnson im Falle eines "Ja" zu Neuwahlen diese nachträglich auf die Zeit nach dem 31. Oktober verschieben könnte - und so doch noch einen No-Deal-Brexit durchsetzen könnte.

Die Gegner Johnsons fürchten einen Austritt ohne Abkommen, weil dann mit wirtschaftlichen Einbrüchen gerechnet wird. "Was uns eint, ist die Überzeugung, dass es kein Mandat für einen Brexit ohne Vertrag gibt und dass die Konsequenzen für unsere Wirtschaft und für unser Land sehr gefährlich sind", sagte der Labour-Abgeordnete Hilary Benn, der das Gesetz zur Brexit-Verschiebung eingebracht hatte.

Die Briten hatten sich 2016 in einem Referendum für einen Brexit ausgesprochen. Johnsons Vorgängerin Theresa May hat mit der EU einen Brexit-Vertrag ausgehandelt. Dieses Abkommen wird allerdings wegen der Regelungen zur Gestaltung der Grenze zwischen Irland und dem britischen Nordirland ebenso von Johnson wie zuletzt auch von einer Parlamentsmehrheit abgelehnt. Die EU will den Vertrag nicht wieder aufschnüren.

Johnson entschiedener Brexit-Kurs hat auch Parteifreunde verschreckt. 21 Rebellen seiner konservativen Partei stimmten am Mittwoch für den Gesetzentwurf von Benn. Bereits am Dienstag hatte sich abgezeichnet, dass mit Überläufern auch der Premierminister seine Machtbasis im Unterhaus verloren hat.

Der Alterspräsident Ken Clarke, der im Brexit-Streit wie weitere 20 Tory-Rebellen gegen die Regierung gestimmt hatte und deshalb von Johnson aus der Fraktion ausgeschlossen erklärte: "Hört auf damit, all dies als ein Spiel zu behandeln, und nutzt die Zeit, um eine ernsthafte Lösung für diese unerträglichen Probleme zu finden."


 

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