Im spanisch-französischen Grenzgebiet werden deutlich mehr Flüchtlingsbewegungen verzeichnet.
Gemäß einer Vereinbarung zwischen Frankreich und Spanien können die französischen Behörden jeden an der Grenze festgenommenen Migranten und jeden, der sich seit weniger als vier Stunden in Frankreich befindet, nach Spanien abschieben. Dadurch komme es zu „chaotischen Zuständen“ und „Anarchie“, wie Mariano Rodado von der Polizeigewerkschaft im spanischen Baskenland sagte.
"Unsere Nationalpolizei wird lediglich darüber informiert, dass Migranten an der Grenze ausgesetzt werden. Teilweise sind es ganze Familien", so Rodado. Frankreich habe mitten im Schengenraum eine unsichtbare Mauer aufgebaut. Ein ähnliches Vorgehen gebe es auch an der französisch-italienischen Grenze, dort berufe sich Frankreich auf bilaterale Abkommen aus den 90er-Jahren.
Immer mehr Flüchtlinge kommen über Spanien
Die Küstenstadt Irun im spanischen Baskenland liegt direkt an der Grenze zu Frankreich. Nur der Fluss Bidassoa trennt sie von ihrer französischen Schwesterstadt Hendaye. Diese Lage macht die Stadt von jeher für Migranten attraktiv, die weiter nach Frankreich wollen. Bis vor einem Monat trafen in Irun im Tagesdurchschnitt vier bis fünf Flüchtlinge ein. Nun sind es deutlich mehr.
Die zuletzt deutlich steigende Zahl der nach Spanien einreisenden Flüchtlinge macht sich auch hier bemerkbar. Zuletzt waren es etwa zehn Mal so viele Flüchtlinge wie bisher. "Es fing an ungewöhnlich zu werden, als wir sahen, dass sie im Bahnhof oder auf Parkplätzen schliefen", erzählt die Aktivistin Bibi Liras. Bewohner und Vereine der mittelgroßen Stadt im spanischen Baskenland schlossen sich in einem informellen Netzwerk zusammen, um auf den verstärkten Zuzug besser reagieren zu können.
Viele müssen auf Bahnhof schlafen
Migranten, die in Irun keine Unterkunft finden, wenden sich an das Netzwerk der freiwilligen Helfer, die für sie kochen und ihnen Kleidung besorgen. Duschen gibt es für sie in einer örtlichen Tanzschule. Doch viele finden trotzdem keinen Platz zum Schlafen und müssen unruhige Nächte im Bahnhof verbringen.
Denn das Rote Kreuz hat in Irun nur Schlafplätze für 24 Menschen. Im gesamten Baskenland gibt es bloß drei ähnliche Einrichtungen. Insgesamt können 177 Menschen für drei bis vier Nächte aufgenommen werden. Das Rote Kreuz betreute in den vergangenen zwei Monaten nach eigenen Angaben insgesamt 1.600 Menschen.
Der Anstieg der Flüchtlingszahlen in Spanien liegt nicht zuletzt an Italiens Abschottungspolitik. Erst am Donnerstag gingen im südspanischen Algeciras 87 überwiegend sudanesische Bootsflüchtlinge an Land, deren Rettungsschiff tagelang auf dem Mittelmeer umhergefahren war. Italiens weit rechts stehender Innenminister und stellvertretender Regierungschef Matteo Salvini hatte das Anlegen jeglicher NGO-Schiffe in italienischen Häfen untersagt.
Ein Mitglied der baskischen Regierung, das nicht namentlich genannt werden will, stellt sich darauf ein, dass künftig Hunderte Flüchtlinge eintreffen könnten. Derzeit sei allerdings noch alles überschaubar. Viele Flüchtlinge aus Ländern Westafrikas wie Ghana oder Guinea wollten zu ihren Angehörigen nach Frankreich oder Belgien. Doch die Chancen, zu den Verwandten zu gelangen, stehen schlecht.