Italien

Der Cavaliere, der Kadi und die Wahlen

Teilen

Reihe von Parteimitglieder Berlusconis, gegen die ermittelt wird, dürfen nicht kandidieren - Er selbst ist in mehrere Prozess verstrickt - und tritt trotzdem an.

Bisher hat Silvio Berlusconi stets den Kopf aus der Schlinge bekommen. In diversen Prozessen entging er einer rechtskräftigen Verurteilung. Auch jetzt windet sich Italiens Ex-Regierungschef geschickt. Obwohl gerade drei Strafprozesse gegen ihn laufen, muss er in keinem Fall vor den Parlamentswahlen Ende Februar mit einem Urteil rechnen.

Manche hatten sich schon die Hände gerieben, denn gerade im spektakulären Sex-Prozess um das Partygirl Ruby wurde ein Abschluss im Februar erwartet. Aber vergangene Woche legte das Gericht den 11. März als letzten Termin fest. Allerdings könnte am 11. Februar plädiert werden. Die Anklage stellte klar, sie wolle keine "Denkpause", wie sie das Gericht vorgeschlagen hatte.

Erst vor vier Monaten hatte Berlusconi im Mediaset-Verfahren um Steuerhinterziehung vier Jahre Haft bekommen - und ein fünfjähriges Verbot für öffentliche Ämter. Berlusconi schimpfte, er müsse die Justiz reformieren, damit andere Bürger nicht sein Schicksal erlitten. Seine PDL (Volk der Freiheit) sprach von einem "politisch motivierten Mordversuch". Damals glaubten viele an Berlusconis Ende in der Politik, die Opposition jubelte. Doch ob das Urteil im Berufungsverfahren je rechtskräftig wird, ist fraglich. Die Mediaset-Straftaten verjähren Mitte 2014.

In einem weiteren Prozess wird dem 76-Jährigen Beihilfe zur Veröffentlichung von abgehörten Telefongesprächen vorgeworfen. Die Staatsanwaltschaft verlangt ein Jahr Haft. Hier hat Berlusconi erreicht, dass das Verfahren wegen des Wahlkampfs ausgesetzt wird.

Im "Bunga-Bunga"-Prozess um mutmaßlichen Sex mit der minderjährigen Ruby lehnten die Richter hingegen eine Prozesspause ab, verschoben nur das Ende. Gerade dieses Verfahren sorgt für Aufsehen. Bei Sex mit Minderjährigen hört im katholischen Italien das Verständnis auf.

In seiner Partei führt der Medienmogul ein hartes Regiment. Angesichts vieler Korruptionsskandale in den Parteien und besonders in der PDL verlangte er, den Wählern "saubere" Listen vorzulegen - mit anständigen Kandidaten ohne Ermittlungsverfahren im Nacken. Was dem Cavaliere erlaubt ist, gilt noch lange nicht für andere Mitglieder. Auf Berlusconis Druck zogen sich drei prominente PDL-Politiker zurück.

Zuvor hatten die altgedienten PDL-Politiker Marcello Dell'Utri und Ex-Industrieminister Claudio Scajola aufgegeben. Scajola war in Korruptionsskandale verwickelt. Dell'Utri wurde wegen eines Pakts mit der Mafiaorganisation Cosa Nostra in zweiter Instanz zu sieben Jahren Haft verurteilt. "Berlusconi hat mir gesagt, wenn er mich auf die Liste nimmt, verliert er eineinhalb Millionen Stimmen. Soll das heißen, dass es keine eineinhalb Millionen Schurken gibt, die mich wählen würden?", sagte Dell'Utri. "Ich wollte nur eines: Stimmen holen." Niemand solle aber sagen, die PDL habe seinetwegen verloren.

Berlusconi schiebt alle Schuld auf die Justiz und "parteiische" Richter und Staatsanwälte. Sie hätten die Freunde und Kollegen angegriffen, deshalb habe die Partei diese um Rückzug bitten müssen, eine "schmerzhafte Entscheidung". Ganz konsequent war Berlusconi ohnehin nicht - der unter Korruptionsverdacht stehende scheidende Präsident der Lombardei, Roberto Formigoni, darf zum Beispiel antreten.

Immer wieder wird in den Medien vermutet, dass es manchem Kandidaten vor allem um Immunität geht. Eine Haft für Nicola Cosentino, Abgeordneter der Berlusconi-Partei PDL, wurde beispielsweise nicht vollstreckt, weil er im Parlament ist. "Ich hätte andere Parteien finden können, die mich mit großer Freude auf ihre Liste genommen hätten", wehrte sich Cosentino. "Aber ich habe um der Würde willen gekämpft", rief er unter lautem Applaus seiner Zuhörer.

Natürlich wird auch spekuliert, dass Berlusconi mit seiner Kandidatur seine Haut retten möchte. Bis heute ist nicht ganz klar, was er nach der Wahl will. Monatelang ließ er offen, ob er überhaupt antreten würde. Dann warf er den Hut in den Ring, dann wiederum benannte er Parteichef Angelino Alfano als Spitzenkandidaten der PDL für das Amt des Premiers. Auf dem vor gut einer Woche eingereichten Wahlsymbol der PDL heißt es aber: "Berlusconi Presidente".

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.

Italien-Serbien wegen Hooligans abgebrochen