Nördlich des Polarkreises

Die einsamsten Flüchtlinge der Welt

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60 Flüchtlinge müssen sich im Hohen Norden zurecht finden.

60 Flüchtlinge aus Syrien, Afghanistan, Pakistan und Nepal hatten eine lange Reise. Sie mussten über die Grenze Russlands oder gleich eine Wanderung quer durch Europa machen. Jetzt sind sie angekommen im hohen Norden - die wohl einsamsten Flüchtlinge der Welt.

Norwegen quartierte sie in einem Landschulheim auf der Insel Seiland ein und die befindet sich 420 Kilometer nördlich des Polarkreises. Zwar ist im Sommer dort einiges los und dank Touristen und Ferienhausbesitzer sind dann doch viele Menschen vor Ort, aber im Winter ist es eine Einöde. Gerade einmal sechs Menschen leben hier während der kalten Jahreszeit.

Hier liegt Seiland. Eine Einöde 420 Kilometer nördlich des Polarkreises.

Flüchtlinge auf Seiland
© Google Maps


Keine Sonne und Minus 25 Grad
Die Helfer, die mit ins Landschulheim gezogen sind, versuchen die Neuankömmlinge an das eisige Leben im Winter zu gewöhnen. Und die Bedingungen sind und waren kein Zuckerschlecken. In den ersten beiden Wochen war es kalt und windig, wenigstens kam täglich, wenn auch nur kurz, die Sonne heraus, aber dann kam die Polarnacht. Sonne gibt es dann erst wieder ab Februar zu sehen. Daraufhin schneite es viel. Im Moment schwankt die Temperatur zwischen minus sieben und minus 25 Grad. Das ist selbst für Einheimische nicht angenehm und besonders nicht für Asylwerber aus dem Süden.
 

Bis jetzt alles ruhig
Das kann natürlich auch auf die Stimmung schlagen, aber bis jetzt war alles ruhig innerhalb der Gruppe, wie Flüchtlingsheim-Leiter Pål Mannverk einer norwegischen Zeitung verrät: „„Keiner würde sich wundern, wenn es hier mal zu einem Streit und Handgreiflichkeiten kommen würde. Aber bis jetzt geht alles gut. Wir reden viel miteinander und besprechen alle Ungereimtheiten, bevor es ausarten kann. Einer war etwa unzufrieden, weil er waschen musste. Aber das haben wir ihm dann erklärt. So ist es nun einmal in Norwegen. Wir können sie zwar zu nichts zwingen, aber wir müssen sie dazu bringen mitzuarbeiten.“

Flüchtlinge auf Seiland
© dpa Picture-Alliance / TERJE MORTENSEN


Angst vor dem „Inselkoller“
Dabei geht es bei den Arbeiten weniger um Leistung und mehr um Deeskalation. Mannverk will schlicht und einfach einen „Inselkoller“ verhindern. Shad Ayad Zaeebul Hasan ist einer der Flüchtlinge, die hier am Polarkreis leben. Er musste sich sehr an das Leben hier gewöhnen: „„Wir sind sehr dankbar. Aber hier ist nichts. Keine Stadt. Hier ist gar nichts. Nur Berge und Meer“, so der 23-Jährige.

Die Aufgaben auf der Insel sind breitgefächert. Die Einen hacken Holz im Wald, die Anderen gehen fischen. Dann gibt es welche, die für den Rest kochen, putzen und waschen. Hauptsache beschäftigt und alle verstehen sich, denn im Ernstfall ist Hilfe weit weg.

Im Ernstfall kommt Hubschrauber
Der Polizeimeister Morten Daae gibt zu, dass er am Anfang Bedenken hatte. Weniger wegen den Flüchtlingen, aber mehr aufgrund der Distanz zum Festland. Seine Polizeistation liegt 90 Minuten von der Insel entfernt. Im Ernstfall natürlich viel zu lang. Deshalb wurden Maßnahmen ergriffen, um dem Vorzubeugen. „Bei einem medizinischen Notfall könnten wir einen Hubschrauber einsetzen“, so der Polizeimeister.

Kein Einzelfall
Aber Seiland ist kein Einzelfall, auch Schweden schickt Flüchtlinge quasi in die Einöde. Und trotz der Eingewöhnungsphase sind die meisten sehr zufrieden damit, denn dort sind sie in Sicherheit.
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