50 Tote, 53 Verletzte

Die Welt des Orlando-Attentäters

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Auch Homophobie dürfte bei dem Attentat eine Rolle gespielt haben.

Bei der bisher schlimmsten Bluttat eines Todesschützen in der US-Geschichte sind in einem Homosexuellen-Club in Florida 50 Menschen getötet und 53 verletzt worden. Nach dem Massaker in der Nacht auf Sonntag (Ortszeit) in der Stadt Orlando verdichteten sich die Hinweise , dass der Täter von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) inspiriert war. Homophobie könnte auch eine Rolle gespielt haben.

Nach Angaben des US-Bundeskriminalamts FBI bekannte er sich in einem Anruf bei der Polizei kurz vor der Bluttat zu der Terrorgruppe. Die Ermittlungsbehörden legten sich aber zunächst nicht auf ein Motiv fest. US-Präsident Barack Obama sprach von einem "Akt des Terrorismus und Akt des Hasses". Er ließ alle Fahnen an US-Bundesgebäuden auf Halbmast senken. Die Bluttat löste auch im Ausland Abscheu und Trauer aus.

Video zum Thema: Details des tragischen Orlando-Attentats


US-Bürger afghanischer Abstammung
Die Polizei identifizierte den Schützen am Sonntagnachmittag (Ortszeit) als Omar Mateen, einen 29-jährigen US-Bürger mit afghanischen Eltern. Er hatte gegen 2.00 Uhr das Feuer auf Besucher des Nachtclubs "Pulse" eröffnet. Etwa drei Stunden später wurde der mit einem Sturmgewehr vom Typ AR-15 und einer Handfeuerwaffe ausgerüstete Mann in einem Feuergefecht mit Polizisten getötet.

Wie bekannt wurde, arbeitete Mateen für die Sicherheitsfirma G4S in Florida und erwarb seine Waffen kurz vor der Tat legal. Das FBI habe ihn zweimal - 2013 und 2014 - wegen möglicher Verbindungen zum IS auf dem Radar gehabt, sagte ein Vertreter des Bundeskriminalamts vor Journalisten. Der Mann habe aber nicht unter Beobachtung gestanden.

Homophobie als Tatmotiv?
Nach Medienberichten wurde Mateen in New York geboren, lebte in Port St. Lucie in Florida und fuhr mit einem Mietauto ins rund 170 Kilometer entfernte Orlando. Obama sprach sichtlich erschüttert mit Blick auf die Wahl des Mordziels von einem "Anschlag auf uns alle und auf die fundamentalen Werte der Gleichheit und Würde, die unser Land definieren".

Der Vater des mutmaßlichen Täters sagte dem Sender MSNBC, er glaube nicht an ein religiöses Motiv. Stattdessen deutete er an, dass sein Sohn starke Antipathien gegen Homosexuelle gehegt habe. Omar sei einmal extrem ärgerlich geworden, als sich zwei Männer in der Öffentlichkeit geküsst hätten. "Sie tun das, und mein Sohn sieht zu", habe er gesagt.

Ausnahmezustand
In Orlando und dem Bezirk Orange wurde der Ausnahmezustand erklärt. Damit können schneller Bundesmittel für die Ermittlungen in die Stadt gelangen. Floridas Senator Marco Rubio und Behördenvertreter riefen zu Blutspenden auf. Schon kurz darauf bildeten sich an mehreren Orten der Stadt lange Schlangen von spendenbereiten Bürgern.

Der Polizei zufolge hatte der Mann im Club "Pulse" im Herzen Orlandos kurz vor Schließung zu schießen begonnen. Zunächst habe sich ein einzelner Polizist mit ihm ein Feuergefecht geliefert, dann seien zwei weitere Beamte hinzugekommen. Einer von ihnen sei verletzt worden. Der Schütze habe dann Geiseln genommen. Die Polizei habe sich nach ungefähr drei Stunden zu einer gewaltsamen Befreiung entschieden.

30 Geiseln gerettet
Die Beamten verschafften sich eigenen Angaben zufolge unter anderem mit Hilfe eines Sprengsatzes Zugang zum Club. Dieser ist laut Medienberichten keine große Halle, sondern ein verzweigtes Gebäude mit vielen Räumen.

Der Täter sei in der Nähe einer Eingangstür gewesen und in einem Feuergefecht getötet worden. "Mindestens 30 Geiseln konnten durch die Aktion gerettet werden", sagte der örtliche Polizeichef John Mina. Der Täter sei "sehr gut organisiert und vorbereitet gewesen".

Dutzende Schüsse
Der Club war Mina zufolge mit mehr als 300 Menschen gut besucht. Laut Medienberichten stand eine "Latin Night" auf dem Programm, eine Nacht mit lateinamerikanischer Musik. Nach Augenzeugenberichten fielen die Schüsse, als viele Menschen tanzten. Augenzeugen berichteten von Dutzenden Schüssen in schneller Folge - mindestens 40 seien es gewesen, sagte Christopher Hansen dem Sender CNN. "Ich dachte zuerst, es war Musik. Dann warfen sich die Menschen auf den Boden, und ich auch."

Viele flohen aus dem Gebäude. Das Fernsehen zeigte Opfer, die von Club-Besuchern aus dem Gebäude gebracht und auf die Ladeflächen von Kleinlastern gelegt wurden. Manche hatten Blut auf ihrer Kleidung. In mehreren Städten, so in Washington, wurden die Sicherheitsvorkehrungen für am Sonntag geplante Schwulen-Paraden im Zuge des "Gay Pride Month" Juni verschärft. In Kalifornien nahm die Polizei im Vorfeld eines Festumzuges in Los Angeles einen Mann mit einem Waffenarsenal in seinem Auto fest. Es gebe aber keine Verbindung zu dem Massaker in Orlando, wurde betont.

Entsetzen und Anteilnahme

Die voraussichtliche Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei, Hillary Clinton, sagte eine für Mittwoch angesetzte Wahlkampfveranstaltung in Wisconsin wegen der Vorgänge in Orlando ab. Auch Präsident Obama, der bei dem Termin anwesend sein wollte, wird die Reise nicht antreten.

Papst Franziskus und der russische Präsident Wladimir Putin bekundeten Entsetzen und Anteilnahme. Papst Franziskus äußerte "Entsetzen und Schmerz über diese Manifestation sinnlosen Hasses", wie aus einer Mitteilung des Vatikan hervorgeht. Er hoffe, dass die Tat bald aufgeklärt werde. Der russische Präsident Wladimir Putin sprach von einem "barbarischen Verbrechen". Russland teile Schmerz und Trauer, betonte der Kremlchef in einem in Moskau veröffentlichten Telegramm an seinen US-Kollegen Obama. Er hoffe auf eine schnelle Genesung der Verwundeten.

Video zum Thema: Obama empört über Anschlag auf Schwulenclub


Strikte Waffengesetze gefordert
US-Prominente forderten strikte Waffengesetze. "Wie viele Menschen müssen noch sterben, bevor wir als Nation handeln und Waffengewalt stoppen", schrieb Oscar-Preisträgerin Julianne Moore (55) am Sonntag auf Twitter. Die Schauspielerin, die zuletzt in dem Lesbendrama "Freeheld - Jede Liebe ist gleich" mitspielte, forderte die Bürger dazu auf, Politiker zur Handlung zu drängen. Auch US-Sänger John Legend (37) zeigte sich auf Twitter "entsetzt" und stellte die Frage: "Wann werden wir etwas tun, um diese Amokläufe zu verhindern?" Auch der schwule Sänger Adam Lambert (34) drang auf eine sofortige Verschärfung der Waffengesetze.

"Meine Gedanken und Gebete sind jetzt mit meinen Brüdern und Schwestern, die in Orlandos Pulse Nightclub waren", schrieb er in einem Tweet. "Ich bete dafür, dass sich diese Welt ändert", erklärte sein britischer Kollege Boy George (54) bei dem Kurznachrichtendienst. Oscar-Preisträgerin Reese Witherspoon (40) teilte mit, diese "sinnlose Gewalt" habe sie tieftraurig gemacht. Auch der frühere Damentennis-Star Billie Jean King zeigte sich bestürzt. "Wann werden wir unsere Waffengesetze ändern!", schrieb die lesbische Aktivistin auf Twitter. "Ich bete für die Opfer und ihre Familien."
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