Umstrittenes Porträt

Eklat um Stern-Artikel über Brüderle

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FDP-Spitzenkandidat Brüderle sei nun "interessanter" für die Öffentlichkeit.

"Stern"-Chefredakteur Thomas Osterkorn hat ein umstrittenes Porträt des deutschen FDP-Fraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle verteidigt, das in der neuesten Ausgabe seines Magazins erschienen ist. Er halte die Berichterstattung für legitim, sagte Osterkorn. "Die Kollegin hat sich vor einem Jahr vorgenommen, eine Langzeitbeobachtung von Brüderle zu machen, ihn also immer wieder bei verschiedenen Gelegenheiten zu begleiten", sagte Osterkorn am Donnerstag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa.

"Stern"-Reporterin Laura Himmelreich berichtete unter dem Titel "Der Herrenwitz" über anzügliche Bemerkungen Brüderles beim Dreikönigs-Treffen vor einem Jahr.

Am Anfang der Recherche habe ein unerfreuliches Erlebnis der Autorin mit Brüderle gestanden. "Da kann man sagen: Ok, vielleicht war es ein Einzelfall. Im Laufe der Recherche hat sich gezeigt, dass es offensichtlich ein Grundmuster seines Verhaltens gegenüber Frauen ist." Als nun Brüderle Spitzenkandidat seiner Partei werden sollte, "haben wir beschlossen, ein Porträt zu machen. Und sie ist die zuständige Redakteurin."

Den Vorwurf von Kritikern, der "Stern" habe das Porträt gezielt lanciert, um Brüderle zu demontieren, wies Osterkorn zurück. "Nein, das steckt überhaupt nicht dahinter." Aber wenn ein Politiker in der Öffentlichkeit interessant sei, sei klar, dass über ihn berichtet werde. "Brüderle wird Spitzenkandidat der FDP, und der Wähler hat meiner Meinung nach nicht nur ein Anrecht darauf, zu wissen, wofür er politisch steht, sondern wie er auch als Mensch so ist. Und wenn es da gewisse Schwächen gibt, darf man das auch thematisieren."

Mit öffentlicher Kritik hat der Chefredakteur gerechnet. "Dass so eine Geschichte polarisiert, war mir klar. Dass sie so hohe Wellen schlägt, war mir nicht klar." Ihn freue, dass sich jetzt zunehmend Frauen beim Magazin meldeten, die berichteten, dass solche Dinge nicht nur unter Politikern, sondern auch in Unternehmen gang und gäbe sei. Junge Frauen akzeptierten einen solchen Stil nicht mehr.

"Was heute an Informationen und Berichten schon zusammengekommen ist, rechtfertigt sicherlich, dass wir in der nächsten Woche noch mal größer auf das Thema einsteigen", sagte Osterkorn. Was verifizierbar ist und was nicht, werden wir im Laufe der Arbeitswoche sehen.

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