Direktorin der Caritas im Libanon berichtet vom Ausmaß der Zerstörung.
Die verheerende Explosion im Hafen von Beirut hat auch die Büros der Caritas im Libanon schwer getroffen. Türen und Fenster wurden von der Druckwelle durch die Räume geschleudert, Scheiben zersplitterten, die Einrichtung wurde vielfach zerstört. Die Mitarbeiter hätten sich aber nur kleinere Verletzungen zugezogen, sagte Rita Rhayem, Direktorin der Caritas Libanon, am Mittwoch im APA-Gespräch.
Die Zerstörungen in der Stadt würden jedoch jenseits der Vorstellungskraft liegen. "Das war wie ein zweites Hiroshima. Viele Menschen haben alles verloren. Es gibt unzählige Verletzte und noch viel mehr Obdachlose - und noch immer finden die Rettungskräfte im Schutt Menschen", berichtete Rhayem. "Es war ein Glück, dass die Explosion nach Büroschluss passiert ist." Wären die Menschen alle noch in den Büros gewesen, wäre die Zahl der Opfer wohl noch viel höher ausgefallen.
Auch eine von der Caritas unterstützte Schule wurde schwer getroffen. "Zum Glück waren zum Zeitpunkt der Explosion keine Kinder mehr vor Ort." Die Spitäler in Beirut seien noch immer völlig überlastet. Zwei Krankenhäuser in der Nähe des Hafens wurden durch die Druckwelle schwer in Mitleidenschaft gezogen. "Strom, Telefon und Internet sind immer wieder ausgefallen. Die Krankenhäuser haben die hohe Zahl an Verletzten kaum bewältigen können." Am Dienstagabend seien zunächst nur die absoluten Notfälle behandelt und operiert worden. "Alle anderen mussten warten", so Rhayem.
Eine ihrer Kolleginnen der Caritas Libanon habe nur einige Minuten vor der Explosion ihren Schreibtisch verlassen, um in die Küche zu gehen. "Ihr Laptop wurde vom Tisch geschleudert, Tür und Fenster schlug auf ihrem Schreibtisch ein und zerschlug das Holz. Es ist ein pures Glück, dass sie noch am Leben ist", sagte die Caritas-Libanon-Direktorin.
Man habe noch am Dienstag damit begonnen, in einem der am stärksten betroffenen Stadtviertel Zelte aufzustellen und Menschen mit Essen, Trinkwasser, Hygienematerial und anderen Nothilfegütern zu versorgen. Das Unglück treffe das Land schwer, die Lage im Libanon sei zuletzt zunehmend dramatisch gewesen, sagte Rhayem. Sie sprach gegenüber der APA von einer "multiple Krise" - auch ohne Explosion: Zu Nahrungsmittelknappheit, Flüchtlingskrise und der Covid-19-Pandemie komme eine Wirtschaft im freien Fall nach unten. Armut und Arbeitslosigkeit seien enorm.
"Überall dort, wo es jetzt schon Mangel gibt, verschärft die Explosion den Missstand weiter", erklärte auch Claudia Prantl, Leiterin der Auslandshilfe der Caritas Salzburg, zur APA. "Das betrifft vor allem die Versorgung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Der Libanon ist von Importen abhängig und mit dem Hafen von Beirut wurde die wichtigste Infrastruktur für Lieferungen zerstört." Menschen, die vorher schon armselig gehaust hätten, könnten ihre Häuser nun gar nicht mehr bewohnen und seien auf die Versorgung mit dem Nötigsten angewiesen.
Der Libanon ist ein Schwerpunktland der Auslandshilfe der Caritas Salzburg. Diese bat am Dienstag dringend um Spenden, um den Menschen im Libanon rasch helfen zu können.