Emmanuel Macron muss wohl die nächste Niederlage einstecken.
Wenn der französische Regierungschef François Bayrou am Montag wie erwartet gestürzt wird, dann wird er gut drei Mal länger im Amt gewesen sein als sein Vorgänger - nämlich zehn Monate. Sein Vorgänger war bereits nach drei Monaten gestürzt worden, der Vorvorgänger nach sieben. Die häufige Regierungswechsel erinnern an italienische Verhältnisse vor einigen Jahren - und schränken die Handlungsfähigkeit von Präsident Emmanuel Macron erheblich ein.
Bayrou brachte Vertrauensfrage selbst auf den Weg
Bayrou hat die Vertrauensfrage selbst auf den Weg gebracht - obwohl es wahrscheinlich ist, dass sowohl Rechts- als auch Linkspopulisten ihm das Vertrauen verweigern und so den Sturz der Regierung auslösen werden. Wenn dies passiert, dürfte sich allerdings zunächst nicht viel ändern. Wie bei vorherigen Regierungswechseln auch könnte die bisherige Regierung zunächst geschäftsführend im Amt bleiben. Allerdings ist das Regierungshandeln in dieser Zeit eingeschränkt, neue Gesetzesvorhaben sind nicht möglich.
Niederlage für Macron
Der erneute Regierungssturz ist auch eine Niederlage für Macron. Der Präsident schließt Neuwahlen und einen Rücktritt bisher kategorisch aus - obwohl inzwischen knapp zwei Drittel der Franzosen laut einer Umfrage vorgezogene Präsidentschaftswahlen befürworten.
Mehr noch als den vierten Regierungswechsel seit vergangenem Jahr fürchtet der Präsident vermutlich das Entstehen einer neuen Protestbewegung. Ein Online-Aufruf eines bis dahin unbekannten Aktivisten zu einem Blockadetag am 10. September hat sich in Frankreich massiv verbreitet und wird sowohl von Rechts- als auch Linkspopulisten unterstützt. Die Gewerkschaften wollen am 18. September mit einem eigenen Aktionstag nachlegen. Dies erinnert an den Beginn der Gelbwesten-Bewegung, die 2018/19 zu massiven Protesten und Randale geführt hatte.
In seiner Wahl eines Premierministers ist Macron völlig frei. Aber es ist bereits absehbar, dass auch Bayrous Nachfolger angesichts der komplizierten Mehrheitsverhältnisse in der Nationalversammlung die Hände gebunden sein werden. Die einzige Chance, beispielsweise einen Sparhaushalt für 2026 durchzusetzen, besteht nach Ansicht von Experten darin, um die Unterstützung der gemäßigten Sozialisten zu werben. Nur damit ließe sich eine Blockade durch die Rechtspopulisten und das linksgrüne Lager verhindern.
Dass gespart werden muss, ist keine Frage: Frankreichs Schuldenstand erreicht inzwischen knapp 114 Prozent des BIP, damit liegt das Land in der EU an dritter Stelle hinter Griechenland und Italien. 2026 muss Frankreich nach Regierungsangaben 66 Milliarden Euro allein zur Begleichung der Zinsen von aufgenommenen Schulden zahlen. Dies wird damit zum größten Haushaltsposten, noch vor der Bildung. Das Defizit lag im vergangen Jahr bei 5,8 Prozent des BIP.
Bayrou könnte sich für Präsidentschaftswahl 2027 in Stellung bringen
Vor diesem Hintergrund ist nun für Bayrou möglicherweise der beste Zeitpunkt, sein Amt halbwegs unbeschadet zu verlassen - um sich für die Präsidentschaftswahl 2027 in Stellung zu bringen. "Das ist heute nicht mein Plan", sagte Bayrou am Freitag dem Sender RTL. "Aber es bleibt eine Möglichkeit", fügte er hinzu. Bayrou war bereits dreimal vergeblich bei Präsidentschaftswahlen angetreten und hatte 2017 durch seinen Rückzug den Weg für Macron frei gemacht.
Als Nachfolger im Amt des Premierministers sind derzeit unter anderem der ehrgeizige konservative Justizminister Gérald Darmanin und Finanzminister Eric Lombard, ein Ex-Bänker, im Gespräch. Die größten Chancen aber werden dem 39 Jahre alten Verteidigungsminister Sébastien Lecornu eingeräumt, der schon vor zehn Monaten für den Posten vorgesehen war - bis Politveteran Bayrou sich dem Präsidenten erfolgreich selbst aufgedrängt hatte.
Wer immer es wird - dem neuen Regierungschef steht dann die Aufgabe bevor, Bayrous Sparpläne in Höhe von 44 Milliarden Euro mit denen der Sozialisten in Einklang zu bringen, die nur die Hälfte einsparen wollen. Sonst dürfte das Budget 2026 erneut nicht bis zu Beginn des Jahres vorliegen.