Proteste gehen weiter

Interimspremier in Rumänien ernannt

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Nach Punta-Rücktritt folgt Sorin Cimpeanu als Interimspremier.

Der rumänische Präsident Klaus Johannis (Iohannis) hat am Donnerstag den bisherigen sozialdemokratischen Bildungsminister Sorin Cimpeanu (PSD) zum interimistischen Ministerpräsidenten ernannt. Der bisherige sozialdemokratische Regierungschef Victor Ponta war am Mittwoch zurückgetreten.

Kontroverse
Campeanu war seit 2014 Bildungsminister und ist außerdem Rektor der Bukarester Universität für Bodenkultur und Veterinärmedizin sowie Vorsitzender des Nationalen Rektorenrates. Als kontrovers galt seine Rolle als Generalsekretär des Nationalrates zur Anerkennung akademischer Titel, Diplome und Zertifikate (CNATDCU). Campeanu war eines der rund 20 Mitglieder, die 2012 vom damaligen Bildungsminister Liviu Pop zusätzlich eingesetzt wurden, als es um das mögliche Plagiat des damaligen Premiers Victor Ponta ging. Ponta verzichtete Anfang des Jahres nach dreijähriger Kontroverse schließlich freiwillig auf seinen Doktortitel.

Stimme der Zivilgesellschaft

Mit Campeanus Ernennung stellte sich Johannis gegen den Wunsch von Pontas PSD, die den bisherigen Verteidigungsminister Mircea Dusa (PSD) als Übergangsregierungschef vorgeschlagen hatte. Johannis erklärte angesichts der massiven Proteste, von nun an auch die Stimme "der Zivilgesellschaft" bei Entscheidungen berücksichtigen zu wollen.

Proteste gehen weiter: 60.000 Menschen auf Straßen

In der rumänischen Hauptstadt Bukarest protestierten bis zu 35.000 Menschen auf mehreren Plätzen der Stadt. Auch in Sibiu/Hermannstadt, Cluj/Klausenburg, Timisoara/Temeswar, Brasov/Kronstadt, Craiova, Arad, Ploiesti, Iasi/Iassy und weiteren Städten fanden Kundgebungen statt. Eine Großdemonstration mit 25.000 Teilnehmern am Dienstagabend hatte den Rücktritt der Regierung sowie des zuständigen Bezirksbürgermeisters Cristian Piedone Popescu bewirkt. Die Demonstranten hatten den Politikern und dem korrupten System, die Schuld für den verheerenden Brand in einer Bukarester Disco mit 32 Todesopfern vorgeworfen. "Korruption kostet Menschenleben" skandierten sie.

Politik frei von Korruption

Auch nach dem Rücktritt Pontas am Mittwoch beruhigte sich die Lage nicht. Die Protestierenden forderten am Abend ein von Korruption befreites politisches System mit neuen Leuten. "Ihr kauft uns nicht mit zwei Rücktritten", riefen die empörten Menschen. Da aus ihrer Sicht "alle Parteien dieselbe Misere" vertreten, forderten die Demonstranten die Einsetzung einer Technokratenregierung ohne parteipolitische Verankerung. Unter anderem wird ein neues, von 580 auf 300 Mitglieder verringertes Parlament gefordert. Dies entspricht dem Ergebnis einer Volksbefragung aus dem Jahr 2009, das keine der nachfolgenden Regierungen umsetzte.

Druck auf Präsident steigt

Mit den Straßenprotesten steigt auch der Druck auf Präsident Klaus Johannis (Iohannis), der am heutigen Donnerstag Verhandlungen mit den Parteien zur Bildung einer neuen Regierung beginnt: "Johannis, vergiss nicht, Rumänien gehört nicht dir!" skandierten Protestierende am Mittwochabend. Johannis trifft sich mit den Sozialdemokraten (PSD), den oppositionellen Nationalliberalen (PNL) sowie mit der Demokratischen Union der Ungarn in Rumänien (UDMR) und den Minderheitenvertretern. Auch werden Details zur Beauftragung eines interimistischen Premierministers erwartet.

 

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