Alternativen möglich

Israel: Kommt doch keine Bodenoffensive in Gaza?

Teilen

Israel erwägt nach den Worten eines Armeesprechers Alternativen zu einer Bodenoffensive.

Das Land bereite sich im Gazastreifen auf "die nächsten Stufen des Krieges" gegen die dort herrschende islamistische Palästinenserorganisation Hamas vor. "Alle sprechen von einer Bodenoffensive, aber es könnte etwas anderes sein", sagte Armeesprecher Richard Hecht am Dienstag. Die Hamas veröffentlichte indes erstmals ein Video mit einer mutmaßlichen Geisel.

In einem am Montag verbreiteten Video sieht man, wie einer jungen Frau eine Wunde am Arm verbunden wird, anschließend spricht sie direkt in die Kamera. "Ich bin 21 Jahre alt und komme aus Shoham", sagt die Frau. Sie sei in Gaza und dort in einem Krankenhaus behandelt worden. Medienberichten zufolge soll es sich um eine Israelin handeln, die auch die französische Staatsangehörigkeit hat. Das israelische Militär teilte mit, sie sei entführt worden. Die Armee stehe in Kontakt mit der Familie.

Luftangriffe gehen weiter

Ein Armeesprecher erklärte, das israelische Militär attackiere weiter die Infrastruktur der Hamas und suche nach den Verstecken ihrer Führungsleute. So wurde bei einem Luftangriff der Chef des Shura-Rats der Hamas, Osama Mazini, getötet, wie die Armee bekannt gab. Dieser sei für die Gefangenen der Hamas verantwortlich gewesen und habe terroristische Aktivitäten gegen Israel geleitet.

Israelischer Luftangriff auf Gazastreifen
© APA/AFP/SAID KHATIB (Archivbild)
× Israelischer Luftangriff auf Gazastreifen

Ranghoher Hamas-Kommandeur getötet

Nach Angaben der Hamas wurden auch ein ranghoher Kommandant des militärischen Arms der militanten Palästinenserorganisation getötet. Der Kommandant des Zentralkommandos der Kassam-Brigaden, Aiman Nofal, sei bei einem Angriff im Zentrum des Gazastreifens getötet worden, teilte die Hamas am Dienstag mit. Nofal, der auch Abu Ahmad genannt wurde, gehörte demnach auch dem Militärrat der Kassam-Brigaden an. Die israelische Armee bestätigte Nofals Tötung auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP zunächst nicht.

Israel will nach eigenen Angaben die im Gazastreifen herrschende Hamas zerstören, die bei dem Terrorangriff auf Israel mehr als 1.400 Menschen getötet hat. Die Zahl der getöteten Palästinenser stieg nach Angaben aus dem Gazastreifen auf rund 2.800.

Russland warnt vor Bodenoffensive

Russland warnte Israel unterdessen vor einer Bodenoffensive. Es drohe eine Ausweitung des Konflikts mit "fürchterlichen Folgen für die gesamte Region" und einer noch größeren humanitären Katastrophe, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz traf am Dienstag in Israel ein. Am Mittwoch will US-Präsident Joe Biden Israel und Jordanien besuchen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron plant, in den Nahen Osten zu reisen, sobald sich Aussicht auf Verhandlungen zwischen Israel und der islamistischen Hamas bietet. Der Konflikt lasse sich nicht lösen, ohne in den Friedensprozess einzusteigen.

Türkei als Geisel-Vermittler

Die Türkei bemüht sich weiter um die Freilassung der von der islamistischen Hamas aus Israel entführten Geiseln. "Bisher haben wir aus verschiedenen Ländern insbesondere bezüglich der Freilassung ihrer Staatsbürger Anfragen erhalten. Daraufhin haben wir insbesondere mit dem politischen Flügel der Hamas Verhandlungen begonnen", sagte der türkische Außenminister Hakan Fidan nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu in Beirut.

Sicherheitszonen für Zivilisten geplant

Angesichts der akuten Versorgungsnot der Zivilbevölkerung im Gazastreifen wollten Israel und die USA eine Strategie für humanitäre Hilfe entwickeln. US-Außenminister Antony Blinken sagte in Tel Aviv, es gehe darum, "Zivilisten in Gaza und nur sie allein zu erreichen". Angesichts der israelischen Militärschläge gegen die islamistische Hamas in dem Küstenstreifen sollen demnach auch Sicherheitszonen für Zivilisten geschaffen werden. "Es ist von entscheidender Bedeutung, dass Hilfe so schnell wie möglich nach Gaza fließt", sagte Blinken.

Der ägyptische Grenzübergang Rafah als einziger Weg, dringend benötigte Hilfe in den von Israel abgeriegelten Küstenstreifen zu bringen, war weiter geschlossen. Rund 2.000 Tonnen Güter standen nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds bereit. Etwa 150 Lastwagen mit humanitären Hilfsgütern seien von Al-Arish auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel in Richtung des Grenzübergangs Rafah unterwegs, sagten Augenzeugen der Deutschen Presse-Agentur.

Wassernot für zwei Millionen Menschen droht

Das Palästinenserhilfswerk UNRWA warnte angesichts der Abriegelung des Gazastreifens vor einer drohenden Wassernot für die mehr als zwei Millionen Bewohner. Die letzte Salzwasseraufbereitungsanlage sei am Montag abgeschaltet worden, teilte das UNRWA mit. "Wasser bleibt ein Schlüsselthema, weil Menschen ohne Wasser anfangen werden zu sterben", hieß es in der Mitteilung. Es sei am Montag nur eine Wasserleitung für drei Stunden geöffnet worden.

Die britische Regierung will Israel dazu bringen, die Menschen im Gazastreifen wieder mit Wasser zu versorgen. Wasser sei ein Schlüsselthema bei den Bemühungen, die humanitären Probleme zu lindern, sagte der Sprecher von Premierminister Rishi Sunak.

Hälfte des Gaza-Streifens auf der Flucht

Fast die Hälfte der Zivilbevölkerung des Gaza-Streifens ist nach Schätzung des UN-Nothilfebüros (OCHA) inzwischen auf der Flucht. Rund eine Million Menschen hätten ihre Wohnungen bis Montagabend verlassen, teilte OCHA mit. Ein Drittel der Menschen habe Zuflucht in Gebäuden des UN-Hilfswerk für Palästinenser gesucht, hieß es. Andere kampierten im Freien oder seien bei Freunden und Verwandten im Süden des Gebiets untergekommen. Krankenhäuser seien mangels Strom und Treibstoff für Generatoren "am Rande des Zusammenbruchs".

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.