UNO-Tribunal

Karadzic: "Zeuge erfindet Massenmord"

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Der Angeklagte äußerte sich zur Tötung von gefangenen Bosniaken im Juni 1992.

Der wegen Kriegsverbrechen angeklagte frühere Präsident der bosnischen Serben-Republik, Radovan Karadzic, hat am Mittwoch bei der Fortsetzung seines Prozesses vor dem UNO-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien den ersten Zeugen der Anklage beschuldigt, einen Mord an Bosniaken (bosnische Muslime) erfunden zu haben, meldeten Belgrader Medien. Der 62-jährige Bosniake Ahmet Zulic hatte am Dienstagnachmittag zu Gefangenenlagern in der Region des westbosnischen Ortes Sanski Most im Jahre 1992 ausgesagt.

Zulic berichtete auch, dass er am 22. Juni 1992 Augenzeuge eines Mordes an rund 20 gefangen genommenen Bosniaken unweit der Stadt gewesen sei. Die Gefangenen mussten nach Angaben des Zeugen ihre eigenen Gräber ausgraben, bevor sie ermordet wurden. Karadzic erklärte nun in Reaktion, dass das Ereignis "vollkommen erfunden" sei. An der von Zulic beschriebenen Stelle sei nach dem Krieg nur die Leiche eines Bosniaken ausgegraben worden, behauptete Karadzic.

Urteil für 2014 erwartet
Karadzic, der sich in elf Anklagepunkten wegen Völkermordes und anderer Kriegsverbrechen während des dreijährigen Bosnien-Krieges (1992-95) zu verantworten hat, vertritt sich vor dem Haager UNO-Tribunal selbst. Er stützt sich dabei auf die Hilfe von einem internationalen Anwaltsteam.

Auch der zweite Zeuge der Anklage ist ein Bosniake. Sulejman Crncalo soll zu den Umständen befragt werden, unter welchen die bosniakische Bevölkerung am Kriegsbeginn von Pale, der Kriegs-Hochburg der bosnischen Serben, flüchtete. Karadzic war im Juli 2008 nach dreizehnjähriger Flucht in Belgrad festgenommen worden. Der Prozess vor dem UNO-Tribunal hatte im Oktober 2009 begonnen und wurde nach zwei Unterbrechungen am gestrigen Dienstag fortgesetzt. Mit einem rechtskräftigen Urteil wird im Jahre 2014 gerechnet. Karadzic droht eine lebenslange Haftstrafe.

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