In einem Bischofschreiben wird die Bevölkerung dazu aufgerufen, nicht die großen Parteien zu wählen.
Die katholische Kirche in Tschechien hat die Wähler indirekt aufgefordert, bei den Parlamentswahlen am 28. und 29. Mai nicht für die großen Parteien - Sozialdemokraten (CSSD) und konservative Demokratische Bürgerpartei (ODS) - zu stimmen. Dies geht aus einem Schreiben der Bischöfe hervor, das der Rat "Iustia et Pax" ("Gerechtigkeit und Frieden") bei der tschechischen Bischofskonferenz veröffentlichte.
Fokus auf kleinere Parteien
In dem Dokument ist von keiner
konkreten Partei die Rede, allerdings wird darin die "größte Linkspartei"
dafür kritisiert, dass sie die Erhöhung des Kindergeldes und weiterer
sozialen Leistungen von einmaligen Budgeteinnahmen bezahlen wolle. Auf der
anderen Seite biete die "größte Rechtspartei" einen unterwürfigen Vorschlag
an, wonach die Politiker persönlich dafür bestraft würden, wenn sie die
Erhöhung der Staatsschulden zulassen. "Man kann davon ausgehen, dass die
Aufmerksamkeit der Wähler mehr denn je auf die kleineren politischen
Parteien gerichtet wird", steht weiters in dem Schreiben.
"Das unerträgliche Tempo der Verschuldung betrachten wir als Hauptthema der heurigen Wahlen. Dieses Thema ist gleichzeitig ein Symbol dafür, inwieweit die Politiker mit Rücksicht auf die Zukunft handeln, oder im Gegenteil, mit anziehenden Versprechungen und mit der Unwilligkeit, unpopuläre Angelegenheiten zu lösen, die Generation unserer Kinder verschulden", heißt es im Text, das der Vorsitzende von "Iustitia at Pax", Bischof Vaclav Maly unterzeichnete.
CSSD in Wahlergunst voran
In einem Interview für die Tageszeitung
"Pravo" sagte Maly, das Schreiben bedeute keine Unterstützung für irgendeine
konkrete Partei. Allerdings seien die Handlungen von CSSD und ODS
"unglaubwürdig". "Die Gesellschaft ist schon müde, ihre Rivalität zu sehen,
anstatt dass diese Parteien sachlich sprechen (...) Auch kleinere Parteien
sollten in den Machtkampf treten, damit es eine größere Pluralität gibt", so
Maly.
Die bisherigen Wählerumfragen favorisieren klar die CSSD, die einen fünf bis zehnprozentigen Vorsprung auf die ODS hat. Auch den Kommunisten (KSCM), der rechtskonservativen Partei TOP 09 von Karl Schwarzenberg und der Partei Öffentliche Angelegenheiten (VV) des früheren investigativen TV-Journalisten Radek John wird der Einzug in das Abgeordnetenhaus vorausgesagt. Die christdemokratische Volkspartei (KDU-CSL), Grüne und die Partei der Bürgerrechte (SPOZ) des ehemaligen Premiers Milos Zeman liegen bei der fünfprozentigen Wahlhürde bzw. knapp darunter und sind sich des Einzugs ins Parlament nicht sicher.