Benes-Dekrete

Tschechien nach Fischer-Aussagen verärgert

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Staatschef Klaus bedauert, dass schmerzhafte historische Themen missbraucht würden.

Kritisch reagierten tschechische Politiker auf eine Grußbotschaft von Bundespräsident Heinz Fischer an die Sudetendeutsche Landsmannschaft Österreich (SLÖ), in der er die Nachkriegsdekrete des tschechoslowakischen Staatschefs Edvard Benes als "schweres Unrecht" bezeichnet hatte. Diese Dekrete seien ein Ergebnis des Zweiten Weltkriegs und auch heute noch Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung, betonten in Prag Politiker nahezu aller Parteien.

Klaus "bedauert"
Der tschechische Staatschef Vaclav Klaus gab seinem "Bedauern" Ausdruck, dass diese "schmerzhaften historischen Themen" im österreichischen Wahlkampf wieder "missbraucht" würden. Die Aushandlung einer Ausnahmeregel für Tschechien hinsichtlich der Menschenrechtscharta vor der Ratifizierung des Lissabon-Vertrages sei "weitsichtig" und "nützlich" gewesen. "Es zeigt, wie unerlässlich es ist, dass diese Ausnahme so schnell wie möglich verbindlich rechtlich kodifiziert ist", zitierte der Sprecher von Klaus, Radim Ochvat, den Staatschef, der sich zur Zeit in den USA aufhält.

Scharfe Reaktionen
Sehr scharf reagierte die Chefin der außerparlamentarischen Partei "Souveränität", die frühere Kandidatin für das Präsidentenamt 2008, Jana Bobosikova. Gegenüber der Nachrichtenagentur Mediafax sagte sie, die Benes-Dekrete seien eine Folge des deutschen Nationalsozialismus, der Europa in zwei Blöcke geteilt habe. "Die Keime der Benes-Dekrete hat es bereits in dem Potsdamer Abkommen gegeben. Und ich persönlich lasse dem Herrn Präsidenten (Heinz Fischer) sagen, dass Hitler ein Österreicher war", so Bobosikova.

Der Chef der christdemokratischen Volkspartei (KDU-CSL) und ehemalige Außenminister Cyril Svoboda sagte, die Benes-Dekrete seien eine "Folge des Nachkriegszustandes" in der ehemaligen Tschechoslowakei und hätten "keinen direkten Zusammenhang mit der EU und deren Rechtsordnung". Nach Auffassung des Vizechefs der Kommunisten (KSCM), Jiri Dolejs, sind die Dekrete der Bestandteil der tschechischen Rechtsordnung. Falls sie jemand so (als schweres Unrecht) bezeichne, weiche er dem historischen Kontext aus, sagte Dolejs.

Der Chef des Senats aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei (ODS), Premysl Sobotka, sagte gegenüber der Nachrichtenagentur CTK, er sei "überrascht", dass ein Spitzenpolitiker Österreichs noch heute die Entscheidung der Weltmächte angreife, die Benes umgesetzt habe. "Sie (die Dekrete) sind aus meiner Sicht gültig, auch wenn sie heute selbstverständlich keinen rechtlichen Wirkungsgrad mehr haben", so Sobotka. Er sagte weiters, die EU sei 2009 mit der Bedingung des tschechischen Präsidenten Klaus einverstanden gewesen, dass sich die Menschenrechtscharta nicht auf die Benes-Dekrete beziehe.

Der tschechische Außenminister Jan Kohout meinte: "Für uns ist diese Frage zumindest seit dem EU-Beitritt abgeschlossen, wo die Kompatibilität unserer Gesetzgebung, einschließlich der erwähnten Präsidenten-Dekrete, mit dem europäischen Recht überprüft wurde. Man hat konstatiert, dass es darin keine Kollision gibt".

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