Zdravko Pocivalsek

Korruptionsaffäre: Sloweniens Wirtschaftsminister lehnt Rücktritt ab

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Zdravko Pocivalsek macht mit Unterstützung des Premiers weiter - Will mit Ermittlungsbehörden kooperieren.

Ljubljana. Der slowenische Wirtschaftsminister Zdravko Pocivalsek, der im Fokus von Ermittlungen über umstrittene Ankäufe von Beatmungsgeräten für Corona-Patienten steht, will nicht zurücktreten. "Premier Janez Jansa hat mir seine volle Unterstützung bei meiner weiteren Arbeit zugesichert. (...) Wir sind noch fester entschlossen, gemeinsam weiterzugehen", sagte Pocivalsek am Mittwoch.
 
Pocivalsek war am Dienstag im Zuge einer Polizeirazzia mehrere Stunden lang festgehalten worden. Im Zuge der Ermittlungen gegen den Chef der liberalen Partei des modernen Zentrums (SMC) traten am Dienstag Innenminister Ales Hojs und Polizeichef Anton Travner zurück. Hojs, Mitglied von Jansas Demokratischer Partei (SDS), warf der Polizei und der Staatsanwaltschaft politisch motivierte Ermittlungen vor. Ihr Ziel sei es, die Mitte-Rechts-Regierung zu stürzen.
 
Pocivalsek zeigte sich von den Razzien nicht überrascht. "Das war die logische Fortsetzung des bisherigen Drucks, politischen Manövern und Unterstellungen, die in der Öffentlichkeit vorgekommen sind", sagte er vor Journalisten. Im Juni hat der Minister nach dem Skandal zu überteuerten Ankäufen von Beatmungsgeräten und Schutzmasken einen Misstrauensantrag überstanden.
 
Wie schon oftmals zuvor betonte der Minister, dass bei der Beschaffung der Corona-Schutzausrüstung alles "gesetzesgemäß und transparent" verlaufen sei. Er erwarte, dass die Ermittlungsbehörden das auch feststellen würden, fügte er hinzu. Dazu versicherte er, in den Ermittlungen auch weiter mit den Behörden zu kooperieren.
 
Die überraschenden Rücktritte des Innenministers und des Polizeichefs werden von slowenischer Opposition, Medien und politischen Analytikern als ein Ablenkungsmanöver gedeutet. Der Politologe Alem Maksuti sprach von einem Manöver zum "Selbstschutz" durch Premier Jansa, um einerseits die Aufmerksamkeit von den Ermittlungen abzulenken und anderseits die ermittelnden Institutionen zu diskreditieren.
 
Die Affäre um millionenschwere Geschäfte mit Corona-Schutzausrüstung und Beatmungsgeräten war Ende April ausgebrochen. Enthüllungen in den Medien rückten den Wirtschaftsminister ins Kreuzfeuer der Kritik über intransparente Auftragsvergaben. Ein Spitzenbeamter der zuständigen staatlichen Logistikagentur enthüllte, dass politischer Druck ausgeübt worden sei, um bestimmte Firmen zu bevorzugen. Weitere Enthüllungen des Whistleblowers deuten auch auf eine Verstrickung des Umfelds von Premier Jansa und seiner SDS-Partei hin.
 
In Slowenien wird indes bereits über neuerliche vorgezogene Parlamentswahlen spekuliert, die eigentlich schon im Frühjahr hätten stattfinden sollen. Der liberale Ministerpräsident Marjan Sarec hatte im Februar seine Fünf-Parteien-Minderheitsregierung nach monatelangen Querelen platzen lassen, um sich von den Wählern ein stärkeres Mandat zu verschaffen. Allerdings liefen zwei seiner Koalitionspartner zur konservativen Opposition über und ermöglichten damit SDS-Chef Jansa ein Comeback als Regierungschef. Entscheidend war dabei die SMC von Wirtschaftsminister Pocivalsek.
 
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