Ersten Hochrechnungen zufolge hat Labor 50,59 Prozent. Die National-Liberalen kommen auf 49,41 Prozent.
Bei den Parlamentswahlen in Australien liegt die regierende Labor Party nach Auszählung von gut 57 Prozent der Stimmen mit einem hauchdünnen Vorsprung von weniger als einem Prozentpunkt vor der national-liberalen Opposition. Das teilte die Wahlkommission am Samstag rund 40 Minuten nach Schließung der letzten Wahllokale an der Westküste mit. An der bevölkerungsreichen Ostküste waren die Wahllokale zwei Stunden vorher geschlossen worden, und die Auszählung hatte dort sofort begonnen. Wie der Fernsehsender ABC am Samstag berichtete, kommt die Australische Labor Party (ALP) nach derzeitigem Stand auf 67 der 150 Parlamentssitze, das national-liberale Bündnis des konservativen Oppositionskandidaten Tony Abbott auf 59 Sitze.
Die aktuelle Hochrechnung
Die Wahlkommission gab 50,59 Prozent
der Stimmen für Labor-Regierungschefin Julia Gillard an, 49,41 Prozent für
ihren Herausforderer Tony Abbott. Einen Sitz gewannen die Grünen, drei Sitze
verblieben in den Händen von eher konservativen Unabhängigen.
Nachwahlbefragungen australischer Sender sagten ebenfalls einen knappen
Labor-Sieg voraus. Für eine Mehrheit werden 76 Stimmen benötigt.
Die Abstimmung dürfte weitreichende Folgen für Umwelt und Wirtschaft haben. Gillard will eine umstrittene Steuer für Minenbetreiber, die Einführung eines Emissionshandels zum Klimaschutz und den Bau eines milliardenschweren Breitband-Netzes durchsetzen. Ihr Gegner Tony Abbott lehnt alle drei Projekte ab. Er verspricht zudem eine strengere Einwanderungspolitik. Das Rennen zwischen dem als Priester ausgebildeten Wirtschaftswissenschaftler Abbott sowie der Atheistin und Juristin Gillard war zuletzt knapper geworden: Die national-liberale Opposition konnte den Vorsprung von Labor immer weiter aufholen.
Warten auf das Endergebnis
"Das wird hart", sagte die 48-jährige
Gillard bei der Stimmabgabe in einer Schule in Melbourne. "Lassen Sie uns
einfach den Tag überstehen und heute Nacht sehen, wie das Ergebnis
aussieht." Der 53-jährige Abbott bereitete vor der Wahl Würstel in seinem
örtlichen Surfclub zu. "Das ist ein großer Tag für unser Land", sagte er.
"Ein Tag, an dem wir eine schlechte Regierung abwählen können."
Abbott ist bereits der dritte Parteichef der Liberalen seit der Wahlniederlage von Ministerpräsident John Howard 2007. Der 52-Jährige kam im Dezember mit nur einer Stimme Vorsprung gegenüber seinem Vorgänger ins Amt. Im Wahlkampf warnten beide Spitzenkandidaten ihre jeweiligen Anhänger, die Unerfahrenheit ihres Kontrahenten gefährde Wirtschaft und Wohlstand des Landes.
Die vorgezogene Neuwahl wurde von der seit zwei Monaten amtierenden Gillard angesetzt, um ihr Mandat bestätigen zu lassen. Die 48-jährige Anwältin hatte ihren Vorgänger Kevin Rudd gestürzt und als Regierungs- und Parteichefin der Labor Party beerbt, nachdem Rudds Pläne für eine Abgabe auf Treibhausgase seine Popularitätswerte abstürzen ließ. Gillard ist die erste Frau an der Spitze einer australischen Regierung.
Labor kann klare Erfolge vorweisen. Als einziger Industriestaat entging Australien während der globalen Finanzkrise einer Rezession. Die Wirtschaft dürfte mit geschätzten drei Prozent das 17. Jahr in Folge wachsen. Die Arbeitslosigkeit liegt bei 5,3 Prozent und damit etwa halb so hoch wie in der Europäischen Union oder den USA.
Besonders umstritten sind aber die Regierungspläne für eine 30-prozentige Steuer für Minenbetreiber: Bergbaukonzerne wie BHP Billiton, Rio Tinto und Xstrata spielen eine wichtige Rolle in der australischen Wirtschaft. Regierungschefin Gillard entstammt dem linken Flügel ihrer sozialdemokratischen Partei. Sie gilt aber bei Wirtschaftsfragen als konservativ. Zudem hat sie den Ruf einer geschickten Verhandlungsführerin mit der Fähigkeit, Kontrahenten zusammenzubringen.
Die 150 Mitglieder des australischen Repräsentantenhauses in Canberra werden für drei Jahre gewählt. Bei der vergangenen Wahl im Jahr 2007 betrug der Vorsprung der Sozialdemokraten acht Sitze. Bereits Umfragen hatten dieses Mal ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen Gillard und Abbott vorausgesagt. Auch die Hälfte des Senats wird neu bestimmt, wo die Grünen das Zünglein an der Waage spielen dürften. Sie wollen sich mit Labor verbünden. In Australien herrscht Wahlpflicht.
Spannung bis zum Schluss
Der Ausgang der Wahl blieb dennoch
spannend, da sich in einigen Wahlkreisen ein äußerst knappes Ergebnis
abzeichnete. Mitglieder sowohl der Regierungs- als auch der
Oppositionspartei hielten es am Samstag für möglich, dass dem Land eine
parlamentarische Hängepartie drohen könnte, bei der keine Partei die
erforderliche Mehrheit erringt. Australien hat ein Zwei-Kammer-Parlament
nach britischem Vorbild. Die Partei, die die meisten der 150 Sitze im
Repräsentantenhaus gewinnt, bestimmt den Premierminister. Zuletzt verfügte
die Labor Party über 83 Sitze im Unterhaus, das national-liberale Bündnis
über 63.
Gillard hatte erst im Juli Regierungschef Kevin Rudd von der Spitze der Labor Party verdrängt und ihn als Premierminister abgelöst. Die 48-Jährige ist die erste Frau an der Regierungsspitze Australiens. Bei der Wahl werden auch die Hälfte der 76 Senatssitze neu vergeben. Insgesamt waren rund 14 Millionen Menschen aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. In dem 22-Millionen-Einwohnerland besteht