Am Mittwoch startet einer der größten Mafiaprozesse seit Jahrzehnten. In der süditalienischen Region Kalabrien werden Hunderte Mitglieder von der dort beheimateten „“Nadrangheta –Mafia vor Gericht gestellt.
Sie müssen sich wegen Verbrechen wie Mord, versuchtem Mord, Drogenhandel, Amtsmissbrauch und Geldwäsche verantworten.
Es wird ein Prozess riesigen Ausmaßes. Denn 355 Angeklagten wird Mord, versuchten Mord, Drogenhandel, Amtsmissbrauch und Geldwäsche vorgeworfen. Insgesamt werden 900 Personen in den Zeugenstand geladen, 58 davon gelten als Kronzeugen. Der Prozess dürfte mehr als zwei Jahre dauern. Unter den Angeklagten befinden sich auch Namen aus Politik, Justiz, Verwaltung und Wirtschaft.
Im Visier ist trotz der hohen Zahl an Angeklagten nur einer der vermutlich hunderten ’Ndrangheta-Clans, die Familie Mancuso und ihre Handlanger. Vor Gericht steht auch Clanchef Luigi Mancuso, genannt “Der Onkel“.
Europaweite Operation
Die ’Ndrangheta gehört zu den mächtigsten Mafia-Organisationen der Welt. Zu ihrem Kerngeschäft gehört der Drogenhandel. Zusätzlich hat die Organisation große Teile des öffentlichen Wesens unterwandert, etwa den Gesundheitsbereich und die Müllentsorgung. Der Umsatz der ’Ndrangheta wird auf jährlich ca.50 bis 100 Milliarden Euro taxiert. Außergewöhnlich ist, dass die ’Ndrangheta global tätig ist.
Der Prozess ist das Ergebnis umfangreicher Ermittlungen, die im Dezember des Vorjahres im Rahmen von Italiens größter Anti-Mafia-Operation seit den 1980er Jahren zur Festnahme von 334 Personen geführt hatten. Auch in Deutschland, der Schweiz und Bulgarien kam es zu Festnahmen, darunter kalabresische Politiker wie ein Ex-Senator und der Bürgermeister einer Gemeinde in Kalabrien.
Mafia nützt Corona-Krise
BeobachterInnen verweisen auf die hohe Symbolwirkung des Prozesses, dieser sei ein starkes Zeichen des Staates gegen die Mafia. Gerade von der Coronavirus-Krise konnte die Mafia profitieren. Laut den Sicherheitsbehörden würden die kriminellen Vereinigungen diese unter anderem zur Geldwäsche nutzen: Geld aus illegalen Geschäften werde in notleidende Unternehmen investiert, damit seien auch diese infiltriert. Zudem versuche die Mafia, über Korruption an staatliche Nothilfe zu gelangen.