Erste TV-Botschaft nach Aufstand

Putin: Wagner-Putschisten können zur Armee oder "nach Belarus gehen"

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Die aufständischen Söldner der Wagner-Gruppe können nach Worten des russischen Präsidenten Wladimir Putin der russischen Armee beitreten oder "nach Belarus gehen".

Er warnte am Montagabend in einer öffentlichen Erklärung, dass jeder Versuch der Erpressung in Russland "zum Scheitern verurteilt" sei. Den Russen dankte Putin für ihren "Patriotismus" während des abgebrochenen Aufstands der Wagner-Gruppe am Wochenende.

"Ich danke allen Soldaten, Mitarbeitern der Geheimdienste, die sich den Aufständischen in den Weg gestellt haben", sagte Putin am Montag in einer im Staatsfernsehen übertragenen Rede. Auf seinen Befehl hin sei alles getan worden, um Blutvergießen zu verhindern. "Das hat Zeit gebraucht", sagte Putin. "Der bewaffnete Aufstand wäre auch so zerschlagen worden."

Vorwürfe an Westen

Wenn sich Söldner und reguläre Truppen beschossen hätten, wäre dies vor allem Kiew und dem Westen zugutegekommen, erklärte Putin. Dort habe man bereits gehofft, dass sich Russland selbst zerfleische. Doch die russische Gesellschaft habe sich als geschlossen erwiesen in ihrer Ablehnung des Aufstands. Dies hätten am Ende auch die Umstürzler erkannt und aufgegeben.

"Bandenkrieg" an russischer Staatsspitze

Der deutsche Militärexperte Nico Lange sprach Montagabend in der ZiB 2 des ORF von einem "Bandenkrieg", bei dem der vermeintlich starke russische Staat "abwesend" gewesen sei. An eine Inszenierung glaubt Lange nicht. Für den Sicherheitsexperten der Münchner Sicherheitskonferenz ist Putin "schwer beschädigt". Außerdem sei der Kremlchef das größte Sicherheitsrisiko für den Westen, sagte Lange in der ORF-Sendung.

In der Nacht auf Samstag hatte Söldnerchef Jewgeni Prigoschin schwere Vorwürfe gegen das russische Verteidigungsministerium erhoben und Minister Sergej Schoigu beschuldigt, einen Angriff auf ein Militärlager der für Moskau kämpfenden Wagner-Truppe befohlen zu haben. Anschließend hatte er die südrussische Millionenstadt Rostow am Don besetzt und einige Einheiten seiner Truppe Richtung Moskau geschickt. Ihr praktisch ungehinderter Vormarsch auf Moskau, der erst gut 200 Kilometer vor der russischen Hauptstadt stoppte, weil Prigoschin aufgegeben hatte, rief im Land Schockwellen hervor.

Putin will Schein wahren

Putin versuchte nun in seiner Rede, den Eindruck zu bewahren, dass die Macht- und Sicherheitsorgane handlungsunfähig seien. So lobte er den Mut und die Selbstaufopferung russischer Piloten, die getötet worden sein, als sie sich den Umstürzlern entgegenstellten. Es war das erste Mal, dass die russische Führung damit Opfer während des Aufstands eingestand.

Dank an Vermittler Lukaschenko

Der Kremlchef dankte auch dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko für die Vermittlung in dem Konflikt mit Wagner-Chef Prigoschin. Sein Ex-Vertrauter Prigoschin soll, nachdem er am Samstag den Marsch auf Moskau aufgegeben hatte, in Belarus Zuflucht finden. Das könnten auch andere Wagner-Kämpfer tun. Sein Amnestieangebot gelte, betonte Putin.

Viele politische Beobachter hatten vor der Rede mit einer Entlassung des Verteidigungsministers Sergej Schoigu gerechnet, der seit Monaten wegen der Misserfolge beim Angriffskrieg gegen die Ukraine in der Kritik stand und auch dem Aufstand Prigoschins nichts entgegenzusetzen hatte. Doch Putin hielt trotz der Kritik - zumindest vorläufig - an Schoigu fest, auch weil dieser als persönlicher Vertrauter des Kremlchefs gilt.

Putin tagt mit Sicherheits-Chefs

Regierungssprecher Dmitri Peskow kündigte nach einem Bericht Nachrichtenagentur Interfax an, dass Putin die Spitzen der Sicherheitsdienste treffen werde. Zu den Teilnehmern des Treffens gehören demnach unter anderem Verteidigungsminister Sergej Schoigu, Generalstaatsanwalt Igor Krasnow, der Leiter der Kreml-Verwaltung Anton Vaino, Innenminister Wladimir Kolokolzew, der Chef des Geheimdienstes FSB, Alexander Bortnikow, der Leiter der Nationalgarde Viktor Solotow, der Leiter des Föderalen Schutzdienstes Dmitri Kochnew und der Leiter des föderalen Ermittlungsausschusses Alexander Bastrykin.

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