70 Jahre am Thron

Queen: Die letzte echte Königin

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Fast drei Generationen lang war sie DIE Königin. Dabei war Elizabeth II. gar nicht für den Thron gedacht.

London. Als Elizabeth Alexandra Mary Windsor am 6. Februar 1952 zur Königin ausgerufen wird, ist das Vereinigte Königreich (gerade) noch ein Kolonialreich, in dem die Sonne nie untergeht. Winston Churchill amtiert als Premierminister – berufstätige Frauen sind die Ausnahme. Doch es ist nach dem 2. Weltkrieg eine Aufbruchszeit. Als Elizabeth 70 ½ Jahre später stirbt, hat sie mit Liz Truss gerade die 3. Premierministerin (neben 12 Männern) ernannt, Großbritannien ist nach dem Brexit im Out – und das Land in einer Mega-Krise.

Felsen. All das konnte die Queen nicht erschüttern, ohne größere Gefühlsregung stand sie wie der buchstäbliche Fels in der Brandung, eröffnete freundlich alles von der U-Bahn-Linie bis zur Parlamentssaison, traf US-Präsidenten wie kommunistische Diktatoren. Doch egal welche Krisen das Polit-Personal der Insel auslöste: Die Queen äußerte sich nie zur Tagespolitik. Bestenfalls zeigte sie durch die Wahl ihres (blau-gelben) Hutes, was sie vom Brexit wirklich hielt.

Krise um Diana. Niemals fiel sie aus der Rolle, und in der größten Krise der Monarchie nach dem Krieg – dem Tod von Prinzessin Diana – fand sie am Schluss die richtige Worte – und rettete die Monarchie.

Geboren im noblen Londoner Stadtteil Mayfair

Nicht als Queen gedacht. Lilibet – so wurde sie genannt – kam als älteste Tochter von Prinz Albert und Prinzessin Mary (Queen Mum) am 21. April 1926 in London-Mayfair zur Welt. Es war nicht geplant, dass sie einst Queen wird. Doch dann schlug die Stunde des stotternden „Bertie“: Sein Bruder Edward verzichtete auf den Thron, Albert wurde als Georg VI. legendärer Weltkriegs-König – und die kleine Prinzessin zur Thronfolgerin.

Pflicht. Elizabeth war noch nicht mal volljährig, da zeigte sie in ihrer ersten Radio-Rede jenes Pflichtbewusstsein, das sie bis zum letzten Tag leben sollte: Sie werde dem Land dienen bis zum Tod. So kam es auch: Die Geschichte zog an ihr vorbei – sie blieb mehr als 70 Jahre auf dem Thron, länger als ihre Urgroßmutter Victoria.

Privat war sie aber anders: „Sie mag Hunde, Pferde, Männer und Frauen, in dieser Reihenfolge“, schreibt ihr Biograf Graham Turner. Egal ob im Buckingham Palace, in Windsor Castle oder eben in ihrem Sommersitz Balmoral in den schottischen Bergen – stets lief ein Rudel Corgis um sie herum. Und: Die Queen ritt selbst, züchtete Rennpferde und lebte erst am Rande der Rennbahn so richtig auf.

In der Liebe. Und auch das passt nicht ganz zu ihrem Pflichtbewusstsein: Gegen alle Widerstände setzte sie ihre Hochzeit mit ihrer großen Liebe, Philip Mountbatten, durch – der hieß ja Battenberg und galt als deutscher „Hunne“, kein kleines Handicap nach dem Krieg.

Familie wollte nicht so, wie es sich gehört

Ja, die Familie: 1992 nannte sie ihr Annus Horribilis: Drei ihrer vier Kinder, Andrew, Anne und mit dem größten Knall Charles (von Diana) trennten sich bzw. ließen sich scheiden. Windsor Castle brannte ab. Fünf Jahre später, als Prinzessin Diana in Paris bei einem Verkehrsunfall mit ihrem Geliebten Dodi Al-Fayed starb, der Mega-GAU. Ihr langes Schweigen stürzte das Königshaus in die Krise – die sie dank ihres Lieblingspremiers Tony Blair meisterte.

Anker mit Skandälchen. Philip war nicht nur ihre große Liebe – sondern auch ihr Anker in Notfällen. Sie amtierte als Queen, er schupfte die Erziehung der 4 Kinder, war stets mit Tat und Rat zwei Schritte hinter ihr – dafür verzieh sie ihm seine Skandälchen. Dass der „Duke“, der der Queen „jede Menge Toleranz“ attestierte, im vergangenen Jahr mit 99 Jahren starb, hat sie nicht mehr verwunden. Nicht einmal eine richtige Trauerfeier war wegen Corona möglich, das war zu viel.

Im letzten Jahr ihres Lebens baute sie sichtbar ab. Ihre Pflicht erfüllte sie aber bis zur letzten Minute. Ihre letzte Amtshandlung zwei Tage vor ihrem Tod: Die Ernennung von Truss zur Premierministerin.

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