Vor der Stichwahl

Rechtspopulist gewinnt 1. Runde der Brasilien-Wahl

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Der Rechtspopulist Jair Bolsonaro hat die erste Runde der Präsidentenwahl in Brasilien klar gewonnen.

Der Ex-Militär erhielt rund 47 Prozent der Stimmen, wie das Wahlamt am Sonntag nach der Auszählung fast aller Wahlurnen mitteilte. An zweiter Stelle lag Fernando Haddad von der linken Arbeiterpartei mit 28 Prozent der Stimmen. Die beiden treffen in drei Wochen in der Stichwahl aufeinander.

Der linke Bewerber Ciro Gomes kam auf 12,5 Prozent, der Mitte-rechts-Kandidat Geraldo Alckmin auf 4,8 Prozent. Für Henrique Meirelles, Wunschkandidat des amtierenden Staatschefs Michel Temer, stimmten sogar nur 1,2 Prozent der Wähler. Bei der Wahl waren rund 147 Millionen Brasilianer aufgerufen, einen Nachfolger für Temer zu wählen. Insgesamt traten 13 Kandidaten an.

Der Ex-Militär Bolsonaro spricht öfter abfällig über Minderheiten und lobt die Militärdiktatur (1964-1985). Angesichts der ausufernden Kriminalität kommen die Forderungen Bolsonaros, genannt "Trump Brasiliens", nach einer Politik der harten Hand bei vielen Wählern gut an. "Er wird den Banditen geben, was sie verdienen: Kugeln", sagte Cassio Freire, der mit Dutzenden anderen Anhängern von Bolsonaro zu dessen Haus in Rio de Janeiro gekommen war.

Ex-Bürgermeister tritt für die Linke an

Sao Paulos früherer Bürgermeister Haddad ging für die linke Arbeiterpartei PT von Ex-Präsident Luiz Inacio Lula da Silva ins Rennen. Zunächst wollte der wegen Korruption zu zwölf Jahren Haft verurteilte Lula selbst antreten, dann aber untersagte ein Gericht die Bewerbung des noch immer populären Politikers. Haddad ist zwar nicht so charismatisch wie sein politischer Ziehvater, ein bisschen von seinem Glanz fällt aber auch auf ihn ab.

Viele stimmten wohl auch für Haddad, um den Rechtspopulisten Bolsonaro zu verhindern. "Ich habe Haddad gewählt", sagte der 20-jährige Rafael de Jesus nach seiner ersten Wahl in Sao Paulo. "Nicht, dass ich ihn gut finde, aber er ist der am wenigsten Schlechte."

Die größte Volkswirtschaft Lateinamerikas steckt in tiefer Krise.

Zahlreiche Politiker sind in Korruptionsskandale verwickelt, die Wirtschaft läuft nur schleppend und die Gewalt nimmt immer weiter zu. Über 60.,000 Menschen wurden im vergangenen Jahr getötet - in den Favelas liefern sich Drogenbanden und die Sicherheitskräfte regelmäßig stundenlange Schießereien.

Das Land ist tief gespalten. Fast religiös ist die Verehrung vieler armer Brasilianer für Ex-Präsident Lula und seine Arbeiterpartei, die sie mit milliardenschweren Sozialprogrammen aus der bittersten Armut geholt haben. In der Mittel- und Oberschicht hingegen herrscht tiefes Misstrauen gegen die Linken, die sich in den Boomjahren selbst die Taschen füllten.

Während Lulas Amtszeit von 2003 bis 2010 erlebte das lateinamerikanische Land einen wirtschaftlichen Aufschwung. Doch in der Amtszeit seiner Parteifreundin und Nachfolgerin Dilma Rousseff rutschte Brasilien in eine tiefe Rezession. Rousseff wurde 2016 wegen mutmaßlicher finanzieller Vergehen des Amtes enthoben. Viele Brasilianer machen die Arbeiterpartei für die wirtschaftliche Misere verantwortlich und setzen große Hoffnung in Bolsonaro.

Bolsonaro gegen das System

Bolsonaro stellt sich als Anti-System-Kandidat dar, der mit dem Politzirkus nichts zu tun hat. "Ich werde den Saustall Brasilia ausmisten", versprach der Hauptmann der Reserve. Dabei ist der 63-Jährige selbst ein Insider: Seit fast drei Jahrzehnten mischt er in der Politik mit, saß für neun verschiedene Parteien im Parlament. Allerdings wurde er bisher nie mit den großen Korruptionsskandalen in Verbindung gebracht.

Siegessicher zur Stichwahl

Jair Bolsonaro ist auch von seinem Sieg in der bevorstehenden Stichwahl am 28. Oktober überzeugt. "Ich bin mir sicher, dass wir auch die Stichwahl gewinnen. Bis zum Sieg - so Gott will", sagte der Rechtspopulist am Sonntag (Ortszeit) in einem auf Facebook veröffentlichten Video.

Kritik am Wahlurnensystem

Bolsonaro kritisierte nach dem Wahlgang jedoch "Probleme" mit den elektronischen Wahlurnen. Hätte es diese nicht gegeben, wäre er jetzt schon zum Präsidenten gewählt worden. Er werde nun vom Obersten Wahlgericht "Lösungen" verlangen. Anhänger des Rechtspopulisten versammelten sich am Abend vor dem Wahlgericht in der Hauptstadt Brasília und schrien "Betrug, Betrug, Betrug!"

Kurzzeitig sah es so aus, als könnte Bolsonaro gleich im ersten Wahlgang den Einzug in den Präsidentenpalast schaffen. "Am 28. Oktober gehe ich an den Strand", tönte er am Wahltag noch. Jetzt allerdings muss er in drei Wochen gegen den Zweitplatzierten Haddad in die Stichwahl. "Ich will alle Demokraten Brasiliens vereinen", sagte Haddad. "Das Ergebnis zeigt, in welcher Gefahr sich Brasilien befindet."




 

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