Piraten ziehen in den Kieler Landtag ein. Auch FDP und Grüne sind drinnen.
Politische Hängepartie in Kiel: Die Landtagswahl hat gestern (Sonntag) unklare Machtverhältnisse im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein gebracht. Die bisher regierende CDU landete zwar prozentual knapp vor der oppositionellen SPD. Beide Parteien errangen aber gleich viel Sitze im neuen Landtag. Die SPD will nun mit den Grünen und dem Südschleswigschen Wählerverband (SSW) eine Koalition bilden. Die sogenannte "Dänen-Ampel" hat jedoch nur eine Ein-Stimmen-Mehrheit. Die Parteigremien in Kiel und Berlin wollen heute (Montag) über den Wahlausgang und die Konsequenzen beraten.
Eine Woche vor der bundespolitisch noch wichtigeren Wahl in Nordrhein-Westfalen feierte die deutschlandweit angeschlagene FDP in Schleswig-Holstein ein unerwartet starkes Comeback. Die Piraten setzten ihren Siegeszug in Deutschland fort und zogen zum dritten Mal in ein Landesparlament ein. Die Linke patzte dagegen und flog raus.
Hauchdünne Mehrheit
Nach dem vorläufigen amtlichen Ergebnis siegt die CDU mit ihrem Spitzenkandidaten Jost de Jager hauchdünn mit 30,8 Prozent. Bitter für de Jager: Er erhält kein Landtagsmandat. Die SPD von Torsten Albig kommt mit 30,4 Prozent und einem Abstand von rund 4800 Stimmen auf den zweiten Platz. De Jager wie Albig erhoben den Anspruch, die Regierung zu bilden. Albig will das trotz der Ein-Stimmen-Mehrheit für diese Konstellation tun. Hinter CDU und SPD liegen die Grünen mit 13,2 Prozent - ihr bisher bestes Ergebnis bei einer Landtagswahl im Norden.
Die von der Popularität ihres Spitzenmannes Wolfgang Kubicki profitierende FDP verbucht mit 8,2 Prozent trotz starker Verluste ihr zweitbestes Ergebnis überhaupt. Kubicki bescherte den zuvor aus sechs Landtagen geflogenen Liberalen den ersten Erfolg seit mehr als einem Jahr.
Piraten im Landtag
Die Piraten ziehen mit 8,2 Prozent nach Berlin und dem Saarland erneut in ein Parlament ein. Die Linke fliegt nach nur zweieinhalb Jahren mit 2,2 Prozent wieder aus dem Landtag. Sie hat weiter Probleme, sich in Westdeutschland zu etablieren. Die Partei der dänischen Minderheit, der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), für den die Fünf-Prozent-Klausel nicht gilt, erhält 4,6 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag mit 60,1 Prozent so niedrig wie nie zuvor in Schleswig-Holstein.
Im neuen Landtag werden CDU und SPD mit jeweils 22 Abgeordneten vertreten sein. Die Grünen haben 10 Mandate, FDP und Piraten jeweils 6 und der SSW 3 Mandate.
Die stabilste Mehrheit (44 Sitze) hätte eine große Koalition von CDU und SPD. Deutlich sicherer als eine "Dänen-Ampel" wäre eine klassische Ampel aus SPD, Grünen und FDP (38 Sitze) sowie ein Jamaika-Bündnis aus CDU, FDP und Grünen (38 Sitze).
SPD will in Regierung
SPD-Chef Sigmar Gabriel beanspruchte die Regierungsbildung für seine Partei: "Die SPD und die Grünen haben gewonnen, wir haben die Chance auf eine gemeinsame Regierung mit dem SSW." Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, Thomas Oppermann, sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Montag): "Mehrheit ist Mehrheit." Schwarz-Gelb habe am Sonntag zum zehnten Mal in Folge verloren. "Merkels Wunschkoalition zerbröckelt." Die Bundes-CDU sah die Führungsrolle bei ihrem Spitzenkandidaten de Jager. "Er ist der richtige Mann, Schleswig-Holstein in eine gute Zukunft zu führen", sagte Generalsekretär Hermann Gröhe.
SPD-Spitzenkandidat Albig zeigte sich trotz Zugewinnen enttäuscht, aber machtbewusst: Man könne auch mit nur einer Stimme Mehrheit im Landtag mit Grünen und SSW sehr stabil regieren. "Ein Sitz Mehrheit ist ein Sitz Mehrheit. Die Schleswig-Holstein-Ampel steht." Auch die alte schwarz-gelbe Regierung habe nur eine Stimme Mehrheit gehabt. CDU-Landeschef de Jager macht sich dagegen für ein "stabiles Bündnis" stark. "Klar ist, dass wir als stärkste Partei auch einen Auftrag haben, die Regierung zu bilden."
Grünen-Spitzenkandidat Habeck sagte, es sehe so aus, als wenn ein Politikwechsel möglich wäre. "Dann würden wir darüber sehr ernsthaft verhandeln." Auch SSW-Spitzenkandidatin Anke Spoorendonk bekräftigte die Bereitschaft ihrer Partei, Regierungsverantwortung zu übernehmen.
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