Großbritannien

Sex-Vorwürfe: May stellt Verhaltenskodex vor

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Skandal weitet sich aus: Corbyn-Vertrauter suspendiert.

Der Skandal im britischen Parlament um sexuelle Belästigung weitet sich nach dem Rücktritt des konservativen Verteidigungsministers Michael Fallon weiter aus. Die oppositionelle Labour Party suspendierte einen Abgeordneten, der eine 27-Jährige sexuell belästigt haben soll. Premierministerin Theresa May stellte am Freitagabend einen Verhaltenskodex vor und kündige eine Hotline für Opfer an.
 
In einem Brief an Parlamentssprecher John Bercow forderte die Premierministerin gleichzeitig parteiübergreifende Mechanismen, um Belästigungsvorwürfen nachzugehen. Am kommenden Montag will sie mit den Chefs der anderen Parteien im britischen Parlament über Konsequenzen aus dem Skandal beraten.
 
In dem Verhaltenskodex für konservative Abgeordnete wird beispielsweise festgelegt, dass bei der Aufklärung von derartigen Vorwürfen eine unabhängige Person hinzugezogen werden muss. Darüber hinaus sollen eine Telefonverbindung für vertrauliche Mitteilungen und eine Adresse für elektronische Mitteilungen eingerichtet werden.
 
Fallon war am Mittwoch zurückgetreten, nachdem Vorwürfe öffentlich geworden waren, er habe einer Journalistin im Jahr 2002 die Hand aufs Knie gelegt. Britischen Zeitungsberichten zufolge sollen beim Rücktritt auch anzügliche Bemerkungen gegenüber seiner Parteifreundin Andrea Leadsom eine Rolle gespielt haben. Fallon soll die Vorwürfe zurückgewiesen haben, wie die BBC berichtete. Aus Regierungskreisen hieß es, Leadsom, die inzwischen Fraktionschefin der Konservativen ist, habe nicht um Fallons Entlassung gebeten.
 
Intimbereich gegen sie gepresst
 
Der Labour-Abgeordnete Kelvin Hopkins wurde am Donnerstag vorläufig von der Partei ausgeschlossen. Der 76-Jährige soll sich einer Parteikollegin gegenüber "unangemessen" verhalten und anzügliche Text-Nachrichten geschickt haben. Die 27-jährige Ava Etemadzadeh sagte der Zeitung "The Daily Telegraph", Kelvin Hopkins habe im Jahr 2014 beim Verabschieden seinen Intimbereich gegen sie gepresst.
 
Kritik wurde auch an Labour-Chef Jeremy Corbyn laut, der den beschuldigten Abgeordneten noch nach Bekanntwerden der Vorwürfe in seine Schattenregierung berufen hatte. Hopkins ist ein guter Freund Corbyns.
 
Fast täglich werden neue Vorwürfe bekannt. In der konservativen Fraktion des Unterhauses zirkuliert laut britischen Medien eine Liste mit etwa 40 Abgeordneten, denen "unangemessenes Verhalten" vorgeworfen wird. Dazu soll auch Mays Kabinettschef Damian Green (61) gehören. Er soll einer Journalistin während eines Pub-Besuchs ans Knie gefasst und ihr später eine anzügliche Nachricht geschickt haben. Green streitet das vehement ab. Ein Staatssekretär soll seine Assistentin beauftragt haben, Sex-Spielzeug für ihn zu kaufen.
 
Ausgelöst wurde die Debatte über sexuelle Übergriffe in Großbritannien durch den Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein in den USA.
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