Der Bürgermeister sorgt für Empörung, den Behörden wird Vertuschung vorgeworfen.
Nach dem brutalen Sexualmord an einem dreijährigen Mädchen in der Türkei wird den Behörden nun Vertuschung des von Schulbuben begangenen Verbrechens vorgeworfen. Die Justiz habe den Fall zu den Akten gelegt und auch strafmündige Beschuldigte aus dem Gewahrsam entlassen, berichteten türkische Medien am Mittwoch. Bei der Tat habe es sich nur um eine "Spielerei unter Kindern" gehandelt, zitierte die türkische Zeitung "Milliyet" den Bürgermeister der Kleinstadt Pervari, wo die Kinder zur Schule gehen. Acht Schüler werden verdächtigt, das Mädchen vor einem Jahr verschleppt, vergewaltigt und ertränkt zu haben.
Edogan kritisiert Berichterstattung
Die türkische Rundfunkbehörde
RTÜK verbot die weitere Berichterstattung in den elektronischen Medien. Zu
den Kritikern der Berichterstattung über den Fall gehört auch
Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan. Er hatte zu Wochenbeginn erklärt,
noch nach einem Jahr zu berichten, sei "kein Journalismus". In Pervari
demonstrierten etwa 100 Einheimische gegen den Besuch von Politikern der
oppositionellen Republikanischen Volkspartei (CHP), die sich informieren
wollten. Inzwischen haben das Innenministerium und das Erziehungsministerium
jeweils zwei Ermittler nach Pervari im ländlichen Südosten der Türkei
geschickt.
"Der Zwischenfall ist keine Vergewaltigung. Es war eine Spielerei unter Kindern", wurde Bürgermeister Bilen zitiert. "Pervari ist ein kleiner Ort. Wir sind alle eine Familie. Der Fall ist abgeschlossen und vorbei." Er räumte ein, dass er vor allem Blutrache habe verhindern wollen: "Ja, es war bestialisch. Aber im Südosten der Türkei können für ein Mädchen Hunderte Menschen sterben", sagte Bilen. "Niemand kann den Frieden in Pervari zerstören."
100 Männer missbrauchen zwei Mädchen
Türkische Medien
hatten berichtet, die 13 und 14 Jahre alten Buben hätten zunächst eine
Mitschülerin nackt fotografiert und erpresst. Dann verlangten sie von ihr,
ihnen Kleinkinder zu beschaffen. Aus Angst, dass die Geschichte mit den
Nackfotos herauskommt, lieferte das Mädchen zuerst ihren zwei Jahre alten
Cousin und anschließend ihre dreijährige Cousine aus. Der Zweijährige wurde
den Berichten zufolge ebenfalls missbraucht. Er überlebte und wurde in einem
Wald entdeckt.
Erst in der vergangenen Woche hatte eine andere Tat aus der Provinz Siirt Schlagzeilen gemacht. Mehr als 100 Männer, darunter ein stellvertretender Schulleiter, sollen jahrelang zwei heute 14 und 16 Jahre alte Schwestern missbraucht haben. Ein neuer Fall wurde am Mittwoch aus Manisa im Westen der Türkei bekannt. Die Polizei nahm 26 Verdächtige in Gewahrsam, die drei Kindern missbraucht haben sollen.