Skandal

Sexueller Missbrauch bei den Domspatzen

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Immer mehr deutsche Missbrauchsfälle kommen ans Tageslicht.

Äußerst pikanter Vorfall im Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche Deutschlands: Wie am Freitag bekannt wurde, gibt es auch bei den bekannten Regensburger Domspatzen einen konkreten Verdacht gegen zwei frühere leitende Geistliche des Knabenchors.

Die beiden Männer, die beide im Jahr 1984 gestorben sind, wurden wegen der Taten auch zu Haftstrafen verurteilt, was allem Anschein nach aber vertuscht wurde. Aktuelle Fälle lägen der Diözese aber nicht vor, sagte ein Sprecher. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass es weitere Täter gibt und diese noch im Dienst sind.

Papst-Bruder unwissend
Der frühere Leiter der Domspatzen und Bruder des Papstes, Georg Ratzinger (86), hat nach eigenen Angaben keine Kenntnis über Missbrauchsfälle im Knabenchor. Georg Ratzinger wollte zum Thema Missbrauch nicht weiter Stellung beziehen und verwies auf die zuständige Diözese Regensburg. Georg Ratzinger hatte von 1964 bis 1994 die Domspatzen geleitet. Sie sind Deutschlands ältester Knabenchor.

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Die Regensburger Domspatzen gehören neben Wiener Sängerknaben und Leipziger Thomanern zur ersten Garde der Knabenchöre und sind in aller Welt die singenden Botschafter ihrer Heimatstadt. Es wurden viele Traumata gesetzt, es war Angst und Schrecken", sagt ein Münchner Arzt und Therapeut über seine Erfahrungen in den 1950er und 1960er Jahren bei den "Spatzen". Von sexuellen Missbrauch habe er zwar nur von anderen erfahren, aber quasi eine Vorstufe hat auch er in lebendiger Erinnerung. Wer sich beim Prügeln mit dem Rohrstock nackt ausgezogen hat, habe einen Bonus bekommen: weniger Schläge. Auch von schlimmsten seelischen Qualen berichtet der Mann. Er habe sich immer vor Blutwurst geekelt. Bei den Domspatzen sei er von einer Ordensschwester aber gezwungen worden, diese Wurst zu essen: "Mir wurde so übel, ich habe das erbrochen. Ich musste dann das Erbrochene wieder essen." Viele der ehemaligen Domspatzen wollten nicht, dass solche Geschichten an die Öffentlichkeit kommen - vermutlich aus einer tief empfundenen Loyalität. "Es ist eine seltsame Mischung aus Verdrängung, aus Nicht-Wissen-Wollen und Dankbarkeit", meint der Münchner Arzt. Er kann trotz aller Seelenschmerzen seiner Schulzeit nach wie vor etwas Positives abgewinnen: "Die musikalische Erziehung war hervorragend."

 

Missbrauch auch in Ettal
Auch in der bayrischen Klosterschule Ettal geschah Unglaubliches: Dort hatte ein Pater Fotos von halb nackten Schülern auf Schwulen-Seiten ins Internet gestellt. Die Polizei beschlagnahmte die Bilder.

Schönborn betroffen. Der österreichische Kardinal Christoph Schönborn kündigte an, die Maßnahmen zum Umgang mit sexuellem Missbrauch verbessern zu wollen: „Sexueller Missbrauch ist eine dunkle Seite der ganzen Gesellschaft.“

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