Hochspannung

Showdown: Dieser EU-Gipfel kann alles verändern

Die EU-Staats- und Regierungschefs kommen am Donnerstag in Brüssel zu einem zweitägigen Gipfel zusammen, der als entscheidend für die Zukunft der Ukraine, aber auch der EU selbst gilt.

Brüssel. Heute kommt es in Brüssel zu einem außergewöhnlich zugespitzten EU-Gipfel. Laut "Bild" fielen im Vorfeld Sätze wie: "Jetzt schlägt die Stunde der europäischen Unabhängigkeit" (EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen). Weiters: "Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die europäische Sicherheit und Souveränität", und darum, "ob wir frei, ob wir sicher und ob wir auf Dauer wohlhabend sind" (deutscher Bundeskanzler Friedrich Merz). In Brüssel steht die Frage im Raum, ob die 27 Mitgliedstaaten in vier zentralen Konfliktfeldern zusammenfinden – oder ob ein politischer Scherbenhaufen entsteht.

Um diese vier Themen geht es heute

  • Russen-Milliarden: Erstens geht es um den Streit über 210 Milliarden Euro eingefrorenes russisches Vermögen, das der Ukraine zufließen soll. Mehrere EU-Staaten, allen voran Belgien und Ungarn, leisten Widerstand. Eine Einigung gilt als höchst unsicher, Selenskyj reist dennoch persönlich an.
  • Trump-Streit & Freihandel: Zweitens ringt die EU um das Mercosur-Freihandelsabkommen als Gegenmodell zu Trumps Zollpolitik. Während z.B. Deutschland einer der Hauptunterstützer des Abkommens ist, blockieren Bauernproteste und Regierungen in Frankreich, Italien und Polen.
  • Streit mit China: Drittens steht der Schutz vor billigen chinesischen Importen auf der Agenda, etwa durch neue Gebühren auf Kleinsendungen.
  • Migration: Viertens eskaliert der Migrationsstreit: 19 EU-Staaten fordern strengere Maßnahmen – dabei geht es etwa um weitere Schritte zur Einführung von "Rückführungszentren" in Nicht-EU-Ländern, wohin die EU-Länder ausreisepflichtige Erwachsene überstellen können.

Vor allem das Thema über die mögliche Nutzung des eingefrorenen russischen Vermögens für die Ukraine, die dringend Geld braucht, wird das Treffen dominieren. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sowie EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas zeigten sich zuversichtlich, dass ein Ergebnis gelingen wird.

Kallas rechnet nach eigenen Angaben damit, dass sich die europäischen Staats- und Regierungschefs auf einen Kompromiss einigen werden. Bei 27 Demokratien mit verschiedenen politischen Ausgangslagen werde dies zwar nicht leicht, man habe aber schon in vielen schwierigen Situationen einen Ausweg gefunden, sagte Kallas im Deutschlandfunk.

Bisher keine Lösung in Sicht

Auch nach wochenlangen Verhandlungen zeichnete sich bisher keine Lösung ab. Immer noch ist Belgien, wo ein Großteil der russischen Vermögen bei Euroclear lagert, nicht überzeugt. EU-Ratspräsident Antonio Costa, der bisher die Gipfeltreffen auf einen Tag gestrafft hatte, kündigte bereits an, die Staatschefs im Notfall "tagelang verhandeln" zu lassen.

Rund 210 Milliarden Euro an eingefrorenem russischem Staatsvermögen liegen in der EU, der Großteil davon in Belgien. Das Land mittels Mehrheitsentscheidung zu überstimmen, gilt als keine gute Option. Denn die von allen akzeptierten Bedenken eines EU-Landes, das viele EU-Institutionen beheimatet, zu übergehen, könnte die EU in eine tiefe Krise stürzen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nimmt persönlich am Gipfel teil.

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