Panzer und Scharfschützen

Syrische Opposition befürchtet Massaker

Teilen

Am Freitag trifft sich der UNO-Menschenrechtsrat zu einer Sondersitzung.

Syriens Opposition ruft die internationale Öffentlichkeit um Hilfe. Nach ihren Befürchtungen steht ein blutiges Gemetzel der Regierungskräfte in Daraa bevor. Diese sind dort mit Panzern und Scharfschützen im Einsatz. Aus mehreren Städten des Landes berichteten die Oppositionellen am Mittwoch von neuen Festnahmen. Seit Beginn der Proteste gegen das Baath-Regime von Präsident Bashar al-Assad vor sechs Wochen kamen möglicherweise mehr als 400 Menschen ums Leben, darunter auch Soldaten. Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen wollte sich am Mittwoch mit der Entwicklung in Syrien befassen. Die Vetomächte China und Russland widersetzen sich nach Einschätzung von Diplomaten einer harten Haltung gegenüber Damaskus.

Sondersitzung am Freitag
Der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen wird am Freitag auf Antrag der USA in Genf zu einer Sondersitzung zusammentreten, um sich mit der Lage in Syrien zu befassen. Das gab Ratssprecher Cédric Sapey bekannt. Für die Einberufung einer außerordentlichen Sitzung sind die Stimmen von 16 der 47 Ratsmitglieder erforderlich. Zusammen mit den USA haben Frankreich, Großbritannien, Spanien, Belgien, die Niederlande, Ungarn, Japan, Mexiko, Norwegen, Polen, Südkorea, Moldawien, die Slowakei, die Schweiz, Sambia und Senegal den Antrag eingebracht. UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon hatte "die anhaltende Gewalt" in Syrien und den "Einsatz von Panzern und scharfer Munition" gegen Demonstranten verurteilt.

"Alle Optionen auf dem Tisch"
Bei der Europäischen Union sind in der Debatte um Sanktionen "alle Optionen auf dem Tisch", sagte der Sprecher der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Dem Vernehmen nach geht es um Reisebeschränkungen für Verantwortliche des Regimes oder das Einfrieren von Vermögenswerten. Die syrischen Botschafter in Paris, London, Berlin, Rom, Madrid und Brüssel sind am Mittwoch in die jeweiligen Außenministerien zitiert worden.

Auf den Websites der Assad-Gegner wurden unterdessen Aufnahmen veröffentlicht, auf denen Dutzende Sattelschlepper mit Panzern zu sehen sind, die auf einer Schnellstraße fahren. Die Oppositionellen erklärten, es handle sich um Verstärkung für die Truppen, die am Osterwochenende in die Stadt Daraa (Deraa) eingedrungen waren. Verletzte mit Schusswunden würden inzwischen unter primitiven Bedingungen in Häusern versorgt, da ihnen der Zugang zum Krankenhaus verwehrt werde.

30 Baath-Mitglieder traten aus
Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete, am Mittwoch seien sechs Angehörige der Sicherheitskräfte beigesetzt worden, die von "bewaffneten extremistischen Terrorbanden" getötet worden seien. Am Vortag seien im Tishreen-Militärkrankenhaus nördlich von Damaskus bereits die Leichen von 15 "Märtyrern" ihren Angehörigen übergeben worden. SANA berichtete weiter, am Vortag hätten Terroristen Armeeposten und Straßensperren in der Umgebung von Daraa und unweit der von Israel besetzten Golan-Höhen angegriffen. Drei Angehörige der Sicherheitskräfte seien getötet worden. Auch unter den Angreifern habe es mehrere Tote gegeben.

Aus Protest gegen das gewaltsame Vorgehen der syrischen Sicherheitskräfte gegen Demonstranten haben rund 30 Mitglieder der regierenden Baath-Partei ihren Austritt erklärt. Das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen unbewaffnete Einwohner der Stadt Banias und umliegender Dörfer stehe "im Widerspruch zu sämtlichen menschlichen Werten und zu den Prinzipien der Partei", erklärten sie in einem am Mittwoch veröffentlichten Schreiben. Sie kritisierten namentlich Hausdurchsuchungen sowie "grundlose Schüsse mit scharfer Munition auf Menschen, Häuser, Moscheen und Kirchen".

UNO-Sicherheitsrat: Keine Einigung

Der UN-Sicherheitsrat hat sich nicht auf eine gemeinsame Erklärung zur Gewalt gegen Demonstranten in Syrien geeinigt. Nach Diplomatenangaben gelang es den 15 Ratsmitgliedern am Mittwoch in New York hinter geschlossenen Türen nicht, Einigkeit über einen Entwurf zu erzielen, der die gewaltsame Unterdrückung von Regierungsgegnern in Syrien verurteilte und eine unabhängige Untersuchung der Vorfälle forderte.

Den Entwurf hatten gemeinsam Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Portugal vorgelegt. Er scheiterte jedoch an Vorbehalten von Russland und China. Westliche Ratsmitglieder forderten daraufhin nach Diplomatenangaben am Mittwoch eine öffentliche Sitzung des Sicherheitsrates, um der internationalen Kritik am Vorgehen der syrischen Regierung eine Stimme zu geben.

 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.