Befürchtete Gewalteskalation blieb aber aus.
Regierungsgegner in Thailand haben die vorgezogene Parlamentswahl am Sonntag massiv behindert. Nach Behördenangaben störten oder verhinderten Demonstranten die Stimmabgabe landesweit in 127 von 375 Wahlbezirken. Allein in Bangkok konnten 488 der 6.673 Wahllokale nicht öffnen.
Noch am Samstag war es in der Hauptstadt zu massiven Ausschreitungen gekommen. Bei Explosionen und Schusswechseln wurden sieben Menschen verletzt. Regierungsgegner marschierten durch Bangkok, um gegen die Wahl Stimmung zu machen. Am Sonntag blieben die befürchteten Ausschreitungen aber aus. Bis zur Schließung der Wahllokale um 15.00 Uhr (9.00 Uhr MEZ) lagen keine Berichte über gewaltsame Zwischenfälle vor.
Die Opposition hatte zum Boykott der Abstimmung aufgerufen, da sie die Wiederwahl der insbesondere auf dem Land und bei ärmeren Stadtbewohnern beliebten Ministerpräsidentin Yingluck Shinawatra befürchtet. Vor allem im Süden des Landes, einer Bastion der Regierungsgegner, hinderten Demonstranten die Postämter an der Ausgabe von Stimmzetteln und Wahlurnen, wie Wahlleiter Puchong Nutrawong berichtete.
Die Regierungsgegner fordern statt Wahlen die Einsetzung eines nicht gewählten "Volksrats", der eine Reihe von Reformen umsetzen soll. Durch Gewalt vor der Wahl waren in den vergangenen Monaten mindestens zehn Menschen getötet worden. Landesweit sorgten rund 130.000 Polizisten am Sonntag für den Schutz der Wahllokale. In Yinglucks Hochburgen im Norden und Nordosten Thailands sowie einigen Bezirken Bangkoks verlief der Urnengang ohne größere Störungen.
Allerdings ist höchst ungewiss, ob sich die Lage in Thailand nach der Wahl stabilisiert. Erste Teilergebnisse sollten am Sonntagabend bekannt gegeben werden. Nach Einschätzung der Wahlkommission könnten aber Monate vergehen, bis das endgültige Ergebnis feststeht. Aufgrund der Blockade müssen Nachwahlen organisiert werden. Das neue Parlament kann erst dann zusammentreten, wenn 95 Prozent der 500 Abgeordneten gewählt sind. Zudem wird damit gerechnet, dass die Opposition vor Gericht eine Annullierung der Wahl beantragt.
Am Samstagabend waren bei Zusammenstößen zwischen Gegnern und Anhängern der Regierung mehrere Menschen verletzt worden. Auch der bekannte US-Fotograf James Nachtwey erlitt eine leichte Schussverletzung, konnte seine Arbeit aber schon bald wieder aufnehmen. Das berichtete das US-Magazin "Time", für das der Kriegsfotograf seit 30 Jahren arbeitet.
Drei Soldaten und ein Regierungsmitarbeiter wurden am Samstagabend bei einem Anschlag getötet, als sie ein Wahllokal in der mehrheitlich muslimischen Unruheprovinz Pattani einrichten wollten. Nach Einschätzung der Behörden steht die Tat aber nicht in direktem Zusammenhang mit der Wahl, sondern mit dem seit Jahren schwelenden Konflikt zwischen Regierung und Rebellen, die in der südlichen Provinz für mehr Autonomie kämpfen.
Die Proteste gegen die Ministerpräsidentin hatten sich im vergangenen November an einem von der Regierung befürworteten Amnestiegesetz entzündet, das Yinglucks Bruder, dem früheren Regierungschef Thaksin Shinawatra, wohl eine Rückkehr aus dem Exil erlaubt hätte. Yinglucks Regierung ließ das umstrittene Amnestievorhaben inzwischen fallen, vermochte ihre Gegner damit aber nicht zu beruhigen.
Thaksin war im Jahr 2006 vom königstreuen Militär entmachtet und später wegen Korruption verurteilt worden. Er ist vor allem auf dem Land und bei ärmeren Stadtbewohnern beliebt, für die Mittelklasse und Oberschicht hingegen ein Feindbild. Seine Gegner sehen Yingluck als "Marionette" ihres Bruders, dem sie Bestechung und Stimmungsmache gegen die Monarchie vorwerfen.
Das Militär, das in Thailand bereits mehrmals geputscht hat, verhält sich in der seit November andauernden Krise bisher neutral. Bei einem unklaren Ausgang der Wahl dürfte sich der Blick aber verstärkt auf dessen Reaktion richten.