Politische Krise

Tschechischer Premier Sobotka: Rücktritt vom Rücktritt

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Erst am Dienstag trat er zurück, jetzt rudert er zurück: Nun soll der Finanzminister gehen.

Der tschechische Ministerpräsident Bohuslav Sobotka nimmt Abstand von seinem Rücktritt, den er am Dienstag angekündigt hatte. Das erklärte er am Freitag in Prag. Stattdessen will er Finanzminister Andrej Babis, der sich zu seinem größten politischen Rivalen entwickelt hat, absetzen. So will der Sozialdemokrat Sobotka Ruhe in seine Mitte-Links-Koalition bringen.

   Sobotka wollte gemeinsam mit dem gesamten Kabinett zurücktreten. Er hat seine Meinung nun offenbar geändert, nachdem Staatspräsident Milos Zeman angedeutet hatte, dass er eine Demission als Rücktritt Sobotkas, nicht aber der gesamten Regierungsmannschaft verstehen würde. Die tschechische Verfassung ist in dem Punkt nicht klar. Hätte Zeman jedenfalls so gehandelt, wäre Babis zum Ministerpräsidenten aufgestiegen. Sobotka will Zeman nun die Entlassung von Babis vorschlagen.

   Ausgelöst hatte die Rücktrittsankündigung ein heftiger Streit zwischen den beiden größten Koalitionspartnern, den Sozialdemokraten (CSSD) von Sobotka und der populistischen ANO von Babis. Sobotka wirft Babis seit längerem vor, dass dessen Holding Agrofert unter dem Verdacht der Steuerhinterziehung stehe. In der Affäre geht es um steuerfreie Schuldscheine, die der Milliardär und Unternehmer Ende 2012 seinem Unternehmen abgekauft hatte. Dies geschah kurz vor einer Gesetzesänderung, die das "Steuer-Schlupfloch" schließen sollte. Babis selbst verteidigte die Aktion als legale Steueroptimierung. Als Unternehmer gehörte dem Milliardär Babis ein Firmenimperium, das mehr als 250 Unternehmen umfasste. Vor einiger Zeit gab er die Holding in einen Trust, dem seine Frau und Vertraute vorsitzen. In Umfragen liegt ANO seit Monaten deutlich vor den Sozialdemokraten.

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