Die Wirtschaft kracht ohne Ende, Präsident Erdogan schiebt alle Schuld auf die USA.
Die Lage ist dramatisch: Wirtschaftsexperten sehen schon einen Totalcrash der türkischen Wirtschaft. Tag für Tag verschlimmert sich die Lage. Seit Jahresbeginn verlor die Landeswährung Lira mehr als 40 Prozent ihres Werts. Am Freitag alleine waren es 18 Prozent – das größte Minus an einem Tag seit 2001.
Am Montag traten US-Strafzölle auf Stahl aus der Türkei in Kraft. Bisher waren es 25 %, jetzt sind es gleich 50 %. Die Währung war kurzfristig wieder im freien Fall. Für einen Euro bekam man schon acht Lira. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan rief erbost Richtung USA: „Ihr fallt eurem strategischen Partner (Anm.: in der NATO) in den Rücken!“
Österreich betroffen. Die Auswirkungen sind enorm. Jetzt sind sogar heimische Unternehmen betroffen. Die Aktie von Do & Co, dem Cateringunternehmen von Attila Dogudan, verlor gestern zwischenzeitlich 12 % und rutschte auf den niedrigsten Stand seit einem Monat. Befürchtet wird jetzt auch eine Ausweitung der Krise auf das europäische Bankensystem.
Wer Kritik an Wirtschaft online postet, wird verfolgt
Krisenmanager in der Türkei ist Finanzminister Berat Albayrak (40), Schwiegersohn des Präsidenten (Foto oben). Er sagte noch am Sonntag, der Aktionsplan liege fertig in der Schublade. Albayrak machte ebenfalls die USA für den Verfall der Währung verantwortlich: „Wir sehen uns einer heimtückischen Verschwörung gegenüber.“
Politikwechsel
Experten sehen das anders: „Das Land lebte lange Zeit auf Pump“, sagt Gunter Deuber von Raiffeisen (siehe Interview). Clemens Fuest, IFO-Chef in Deutschland: „Langfristig hilft der Türkei nur ein grundlegender Politikwechsel.“
Schuld am Währungscrash sind die großen Sorgen von Investoren über den wachsenden Einfluss des Staatspräsidenten Erdogan auf die Geldpolitik.
Dieser ist sehr nervös, lässt Kritiker erneut verfolgen: Wer sich in sozialen Netzwerken kritisch über die Wirtschaft äußert, dem droht Strafe.
Raiffeisen-Ökonom im Interview: " Dann geht man in eine Rezession ..."
ÖSTERREICH: Was ist da schiefgelaufen?
Gunter Deuber: Die Türkei hat immer auf Pump gelebt. Es wurde immer viel mehr konsumiert – oder Kredite aufgenommen –, als sinnvoll wäre. Man ist aber nicht bereit, diesen Kurs zu ändern.
ÖSTERREICH: Was passiert nun im schlimmsten Fall?
Deuber: Das wären Devisenverkehrskontrollen. Das bedeutet, man kann nicht mehr unbegrenzt türkische Lira in andere Währungen tauschen.
ÖSTERREICH: Wieso?
Deuber: Damit kann man kurzfristig die Währung stabilisieren. Aber das heißt auch, dass nicht alle Auslandsschulden rechtzeitig bezahlt werden. Für ein Land wie die Türkei, das so stark auf Kapitalimporte angewiesen ist, bedeutet das, dass man in eine Rezession gehen würde. Das würde die Bevölkerung ganz stark spüren.