Luftraum gesperrt

Türkei verschärft Ton gegenüber Israel

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Ankara droht mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen.

Die Türkei verschärft den Ton gegenüber Israel. Außenminister Ahmet Davutoglu hat ein generelles Flugverbot für die israelische Luftwaffe bekanntgegeben, das auch auf zivile Flüge ausgeweitet werden könnte. Zudem droht Ankara mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, sollte sich Israel nicht für den blutigen Angriff auf die Gaza-Hilfsflotte in internationalen Gewässern entschuldigen. Israels Premier Benjamin Netanyahu hatte am Freitagabend eine Entschuldigung für den Einsatz ausgeschlossen, bei dem acht türkische Palästina-Solidaritätsaktivisten und ein türkisch-amerikanischer Doppelstaatsbürger Ende Mai an Bord des Schiffes "Mavi Marmara" von Mitgliedern der Eliteeinheit "Shayetet 13" erschossen worden waren.

Forderungen zurückgewiesen
Im israelischen Außenministerium wurden die türkischen Forderungen umgehend zurückgewiesen. "Wenn man Entschuldigungen verlangt, dann erzwingt man sie nicht mit Drohungen und Ultimaten", erklärte Ministeriumssprecher Yigal Palmor am Montag in Jerusalem. Es sei offenkundig, dass "die Türkei in dieser Angelegenheit andere Ziele verfolgt", fügte er hinzu. Netanyahu hatte im Fernsehen betont, Israel könne sich nicht dafür entschuldigen, dass sich seine Soldaten selbst verteidigt hätten. Der UNO-Sicherheitsrat hatte eine unabhängige Untersuchung des israelischen Einsatzes verlangt.

Davutoglu bezeichnete es nun laut einem Bericht der Zeitung "Hürriyet" als "ausreichend", wenn die von Israel einseitig gebildete Untersuchungskommission zu dem Schluss komme, dass der Angriff ungerechtfertigt gewesen sei, und Israel sich dafür entschuldige. Bisher hatte er erklärt, eine unabhängige Untersuchung könne nicht von Israel durchgeführt werden. Vorsitzender der von Israel eingesetzten Kommission ist der ehemalige Richter am Obersten Gerichtshof Yaakov Tirkel (Turkel). Als "internationale Beobachter" wurden der nordirische Politiker und Friedensnobelpreisträger David Trimble und der kanadische Jurist und Ex-Militärstaatsanwalt Ken Watkin beigezogen. Die israelische Regierung hat die Befugnisse der Kommission am Sonntag erweitert.

Internationale Untersuchung
Der türkische Präsident Abdullah Gül hatte am Wochenende in einem Interview mit der Londoner "Times" klargestellt, dass sein Land eine Normalisierung der schwer gestörten Beziehungen mit Israel unverändert von einer internationalen Untersuchung der Erstürmung der Gaza-Hilfsflotte abhängig mache. "Wie würden denn Sie sich verhalten, wenn die Armee eines anderen Landes Ihre Bürger in internationalen Gewässern umbringt?", sagte Gül. Ankara besteht auch darauf, dass Israel den Familien der Hinterbliebenen Entschädigungszahlungen leistet.

Netanyahu bemüht sich unterdessen, die Koalitionskrise zu überwinden, die durch das Brüsseler Treffen von Handels- und Industrieminister Benjamin Ben-Eliezer mit dem türkischen Außenminister Ahmet Davutoglu in der vergangenen Woche verursacht worden war. Der Premier empfing am Freitag in seiner Residenz Außenminister Avigdor Lieberman, der über das offenbar von der US-Regierung gewünschte Treffen nicht informiert worden war. Liebermans ultrarechte Partei "Israel Beitenu", die sich auf die russischen und osteuropäischen Einwanderer stützt, ist ein wichtiger Partner von Netanyahus Likud-Block.

"Beschädigung des Vertrauens"
Lieberman hatte von einer "ernsthaften Beschädigung des Vertrauens" zu Netanyahu gesprochen, zugleich aber betont, dass er nicht die Absicht habe, aus der Regierung auszuscheiden. Er warf Ben-Eliezer "Kriechertum vor den Türken" vor und kritisierte Netanyahu, der den Politiker der Arbeiterpartei in Absprache mit Verteidigungsminister Ehud Barak zu dem Treffen mit Davutoglu autorisiert hatte. Politische Beobachter in Jerusalem meinten, dass Lieberman wegen seiner Kompromisslosigkeit absichtlich übergangen worden sei. Das Brüsseler Treffen wurde nach Informationen des israelischen Militärrundfunks "engstens mit der US-Regierung koordiniert". Die israelische Tageszeitung "Haaretz" schrieb unter Berufung auf "eine wichtige israelische Quelle", dass das Weiße Haus die Brüsseler Begegnung veranlasst habe.

Nach Einschätzung informierter Kreise in Ankara könnte die Türkei ihren Druck auf Israel bis 2011 weiter erhöhen. Die regierende konservativ-islamische Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan habe dabei die Parlamentswahlen im kommenden Frühjahr vor Augen, wie der prominente Journalist Mehmet Ali Birand analysierte. Die scharfe Reaktion Ankaras auf die Erstürmung der Gaza-Flotte kämen in der türkischen Öffentlichkeiten sehr gut an und dienten den Wahlkampfinteressen der AKP. Erdogan hatte Israel Staatsterrorismus vorgeworfen und den türkischen Botschafter aus Tel Aviv zurückrufen lassen.

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