Viele Wiener Schulen kämpfen mit Personal- und Platzmangel, sollen jedoch zusätzliche Kinder aus der Ukraine in den Klassen aufnehmen. Eltern- und Lehrervertreter kritisieren zudem die unverhältnismäßige Aufteilung auf die Bundesländer und die kurzfristige Planung.
Über 4.000 Kinder und Jugendliche aus der Ukraine besuchen aktuell Wiener Schulen. Für die Standorte bedeutet deren Aufnahme eine zusätzliche Herausforderung, viele kämpfen schon jetzt mit Personal- und Platzmangel. Die Situation werde aktuell zusätzlich durch kurzfristige Kommunikation und Planung erschwert, kritisieren Eltern- und Lehrervertreter. Bildungsdirektor Heinrich Himmer wirbt um Verständnis: Ziel sei, den Kindern rasch ein gutes schulisches Zuhause zu geben.
An ihrer Schule habe die Direktorin zeitgleich mit den ukrainischen Eltern am Donnerstag der ersten Schulwoche erfahren, dass dort ab nächstem Montag eine eigene Klasse für ukrainische Schülerinnen und Schüler eingerichtet wird, berichtet Ilonka Szaal, Sprecherin des Elternvereins der Ganztagsvolksschule am Bildungscampus Aron Menczer in Wien-Landstraße. Für eine solche neue Klasse fehlt allerdings am Standort das Personal.
Kritik an kurzfristiger Planung
Genug Räume hat der erst im Vorjahr eröffnete Schulstandort zwar, allerdings gibt es in den ungenutzten Klassen weder Tafel noch Tische oder Sessel. Die sollen nun über das Wochenende herangeschafft werden. Zum Unterrichten soll kurzfristig eine Person aus der Ukraine aufgetrieben worden sein, nachdem es zunächst so ausgesehen hatte, dass mangels Alternative Teamlehrer aus den anderen Klassen dafür abgezogen werden müssten. In der Schule hat die kurzfristige Aktion für viel Unruhe gesorgt, kritisiert die Elternsprecherin. "Wir wollen ja, dass die neuen Schüler gut ankommen", betont sie. Solche Hauruck-Aktionen seien dabei aber wenig hilfreich.
Eine so kurzfristige Vorgehensweise sei kein Einzelfall, sagt Karl Dwulit vom Wiener Landesverband der Elternvereine an den Pflichtschulen. Die Zuteilung der ukrainischen Schülerinnen und Schüler funktioniere nach dem Prinzip "Trial and Error". Dass ganze Ukrainer-Klassen untergebracht werden sollen, sei seiner Wahrnehmung nach aber eine Ausnahme. Er habe eher den Eindruck, dass es vermieden werde, mehr als sieben ukrainische Schüler pro Standort zuzuweisen, weil dann eigentlich eine Deutschförderklasse eröffnet werden müsste, für die man wiederum einen eigenen Raum und Lehrer bräuchte, was die Situation noch prekärer machen würde.
"Die Bildungsdirektion wird beauftragt, Probleme der Stadtregierung zu lösen, indem sie sie den Schulen umhängt", sagt der oberste Wiener Pflichtschulvertreter Thomas Krebs (FCG) zur APA. Die einzelnen Standorte müssten dann schauen, wie sie das Problem lösen, etwa indem mangels Alternativen kurzfristig Direktorin oder Direktor selbst in der Klasse stehen. Er schätzt, dass etwa der Hälfte der ukrainischen Schüler derzeit an Schulen untergebracht sind, wo es vorerst nur eine interimistische Lösung gibt und noch nicht geklärt ist, wie der Unterricht für diese Kinder längerfristig organisiert werden soll. Gleichzeitig hätten noch nicht einmal alle ukrainischen Schulpflichtigen einen Schulplatz gefunden. "Da hängen noch etliche in der Luft."
Pflichtschulvertreter fordert Verteilung auf die Bundesländer
Zu lösen wären diese Probleme aus Krebs' Sicht nur durch eine bessere Verteilung ukrainischer Flüchtlinge über alle Bundesländer. So sehr die Lehrer die Kinder und Jugendlichen auch gerne gut in den Wiener Schulen aufnehmen und ihnen wieder Normalität bieten würden - "wir haben einfach nicht die Leute dafür". Der Einsatz von Personen mit Ukrainisch-Kenntnissen helfe nur bedingt, auch wenn einzelne hier sehr gute Arbeit leisten würden. Oft habe dieses Personal aber nicht die nötige Qualifikation und auch nicht genug Deutschkenntnisse, um mit dem übrigen Personal zu kommunizieren.
Bei so etwas wie dem Krieg in der Ukraine sei eine vorausschauende Planung nicht möglich, betont Bildungsdirektor Himmer im APA-Gespräch. "Ich nehme die Sorgen ernst. Aber unsere Arbeit ist es, den Menschen dort Schulplätze zu geben, wo sie am besten versorgt werden können und sie mit den Schulleitungen so gut wie möglich zu begleiten – im Bewusstsein, dass es nicht ideal ist, zum Teil spontan ukrainische Kinder und Jugendliche hineinzuholen." Zuerst zu warten, bis es das ideale Umfeld an der Schule gebe, sei schlicht nicht möglich. In der ersten Schulwoche dürfe man keine Wunder erwarten. "Ich bitte um Verständnis, dass nicht mit jedem Kind sofort immer eine Pädagogin mitwandern kann." Es werde aber daran gearbeitet, trotz Lehrermangel noch zusätzliches Personal einzustellen. So sollen etwa in den nächsten Tagen 30 zusätzliche Lehrer für Deutsch als Fremdsprache angestellt werden.