Ukraine-Krise

Deutschlands Kanzler Scholz legt Nord Stream 2 auf Eis

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Das Großprojekt soll aufgrund der russischen Eskalation auf Eis gelegt werden.

Als Reaktion auf die russische Anerkennung der Separatistengebiete in der Ost-Ukraine legt Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz die Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf Eis. Dies kündigte Scholz in Berlin an. Er habe das Wirtschaftsministerium angewiesen, eine Neubewertung der Pipeline vorzunehmen, durch die russisches Gas direkt nach Deutschland geleitet werden soll. Derzeit werde es keine Zertifizierung für den Betrieb der Pipeline geben.

"Das geht jetzt einen neuen Gang", sagte Scholz. "Das wird sich sicher hinziehen." Klar sei, die Situation müsse jetzt neu bewertet werden. "Die Lage ist heute eine grundlegend andere." Deshalb müssten "all die Fragen, die uns bewegen, mit einfließen". Scholz gab das vorläufige Aus des Projekts nach einem Treffen mit Irlands Ministerpräsidenten Micheál Martin bekannt.

Ukraine lobt Scholz

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba lobte die Entscheidung von Scholz. "Das ist moralisch, politisch und praktisch der richtige Schritt unter den gegenwärtigen Umständen", schreibt Kuleba auf Twitter. "Wahre Führung bedeutet harte Entscheidungen in schwierigen Zeiten. Deutschlands Schritt beweist genau das."

Auch der britische Premierminister Boris Johnson lobte die Entscheidung von Scholz, die Zertifizierung von Nord Stream 2 zu stoppen.

Russland unbeeindruckt

Die russische Regierung zeigte sich unbeeindruckt von der Entscheidung aus Berlin. Sie habe keine Angst und glaube nicht an Tränen, sagt Vize-Außenminister Andrej Rudenko der Nachrichtenagentur Tass zufolge. Auf die Frage eines Journalisten, ob die zugespitzte Lage möglicherweise geplant gewesen sein könnte, um die Inbetriebnahme der Gasleitung durch die Ostsee von Russland nach Deutschland zu verhindern, sagte er: "Es ist schwer zu sagen, ob es einen Zusammenhang gibt oder nicht. Ich will nicht spekulieren." Die USA und die Ukraine wollten die Pipeline verhindern.

Scholz habe das Wirtschaftsministerium gebeten, den bestehenden Bericht zur Analyse der Versorgungssicherheit bei der Bundesnetzagentur zurückzuziehen, sagte Scholz. "Das klingt zwar technisch, ist aber der nötige verwaltungsrechtliche Schritt, damit jetzt keine Zertifizierung der Pipeline erfolgen kann." Ohne diese Zertifizierung könne Nord Stream 2 nicht in Betrieb gehen, betonte Scholz.

Die zuständige Abteilung des Wirtschaftsministeriums werde einen neue Bewertung der Versorgungssicherheit unter Berücksichtigung dessen vornehmen, "was sich in den vergangene Tagen verändert hat", sagte der Bundeskanzler. "In dieser Phase ist es jetzt wichtig, neben ersten Sanktionen eine weitere Eskalation und damit eine weitere Katastrophe zu verhindern. Darauf zielen alle unsere diplomatischen Anstrengungen."

Russland lies Konflikt eskalieren

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte die selbst ernannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk als unabhängige Staaten anerkannt und die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten der Ukraine angeordnet. Die EU und die USA haben Sanktionen angekündigt.

Der 1.230 Kilometer lange Doppelstrang von Russland durch die Ostsee nach Deutschland ist zwar fertiggestellt, es fließt bisher aber noch kein Erdgas durch die Pipeline. Das Zertifizierungsverfahren lag zuletzt bereits auf Eis. Die Bundesnetzagentur hatte das Verfahren im November ausgesetzt und verlangt, dass die Betreibergesellschaft nach deutschem Recht organisiert ist. Die Nord Stream 2 AG will der Auflage mit der Gründung einer deutschen Tochtergesellschaft nachkommen.

US-Präsident Joe Biden hatte bei einem Treffen mit Scholz jüngst deutlich gemacht, dass ein russischer Einmarsch in die Ukraine das Aus für die bereits fertig gestellte Leitung bedeuten würde.

Die in der Schweiz ansässige Projektgesellschaft Nord Stream 2 gehört dem russischen Staatskonzern Gazprom. An der Finanzierung der Röhre beteiligen sich auch der deutsche Versorger Uniper sowie das österreichische Energieunternehmen OMV. Die Gesamtkosten waren auf 9,5 Milliarden Euro beziffert worden.

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