IAEA-Chef Grossi verhandelt in Kiew und Moskau über nukleare Sicherheits- und Schutzzone um das AKW
Die Gefahr eines Unfalls an dem von Russland eingenommenen ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja ist Experten zufolge nicht gebannt. "Wir sagen immer wieder, was getan werden muss, nämlich, einen Atomunfall verhindern, der immer noch eine sehr, sehr klare Möglichkeit ist", sagte der Chef der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, Rafael Grossi, am Donnerstag in Kiew. Die Anlage ist wegen der Kämpfe in der Region abgeschaltet.
Zur Sicherung der Anlage soll eine nukleare Sicherheits- und Schutzzone um das Kraftwerk errichtet werden. Darüber verhandelt Grossi nach eigenen Angaben mit Kiew und Moskau. Er wollte anschließend nach Moskau weiterreisen. Gespräche dort fänden auf "sehr hoher Führungsebene" statt, wie Grossi sagte. Ob er Präsident Wladimir Putin treffen würde, war unklar.
Selenskyj fordert diplomatischen Druck
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Westen dazu aufgefordert, den Druck auf Moskau hochzuhalten - auch um die Rückgabe des annektierten Atomkraftwerks Saporischschja zu erzwingen. "Ich danke allen für ihre Unterstützung, die für die Rückgabe der vollen ukrainischen Kontrolle über das Kraftwerk und dessen vollständige Entmilitarisierung kämpfen", sagte Selenskyj am Donnerstag in seiner täglichen Videoansprache. Die 500 russischen Soldaten in der Nuklearanlage bezeichnete er als Katastrophenrisiko.
Auch von der EU forderte Selenskyj diplomatischen Druck, um die Rückgabe des AKW zu erreichen. Ansonsten sei die Ukraine nicht in der Lage, überflüssigen Strom zu produzieren und in die EU zu exportieren, warnte er. Das neue EU-Sanktionspaket lobte er als Schritt in die richtige Richtung. Zugleich drängte er darauf, dass Russland überhaupt keine Gewinne mehr aus dem Öl- und Gasverkauf ziehen dürfe.
Grossi betonte, dass die IAEA sich nicht zu militärischen Angelegenheiten äußere. Sein Team an Ort und Stelle sei ausschließlich dafür da, mit den lokalen Mitarbeitern für die Sicherheit der Anlage zu sorgen. Das IAEA-Team werde jetzt von zwei auf vier ausgebaut. Er betonte aber, dass eine Annexion des umliegenden Gebiets - und die russische Verstaatlichung des Atomkraftwerks - nach internationalem Recht illegal sind. Für die IAEA sei Saporischschja ein ukrainisches Atomkraftwerk.