Ukraine-Krise

Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol stockt offenbar

Teilen

Die Evakuierung von Zivilisten aus der verwüsteten ukrainischen Hafenstadt Mariupol sollte am Montag fortgesetzt werden.

Die zunächst angekündigte Evakuierung weiterer Zivilisten verzögerte sich aber offenbar. Die Stadtverwaltung von Mariupol widersprach am Montag Angaben eines Bürgermeister-Beraters, wonach in der Früh weitere Evakuierungsbusse die Stadt verlassen hätten. Russischer Raketenbeschuss hielt demnach aber auch an anderen Orten im Osten des Landes unvermindert an.

Die Busse, die Zivilisten aus Mariupol bringen sollen, hätten den vereinbarten Abholpunkt noch nicht erreicht, erklärt der Stadtrat von Mariupol. Der Grund für die Verzögerung war zunächst nicht klar. Weiterhin befinden sich Hunderte Menschen auf dem Gelände des Stahlwerks Asowstal, das von russischen Truppen umzingelt ist. Neben ukrainischen Kämpfern sind weiter auch Zivilisten darunter. Wasser, Nahrungsmittel und Medikamente gehen dort immer mehr zur Neige. "Die Situation wird immer mehr zur humanitären Katastrophe", sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk.

Die russischen Truppen haben mit Ausnahme des Werks mittlerweile die Kontrolle über die Stadt übernommen. Damit haben sie die Landbrücke zwischen dem russischen Kernland und der 2014 von der Ukraine annektierten Halbinsel Krim entlang der Küste des Asowschen Meeres faktisch geschlossen.

Am Montag sollten rund 100 aus dem Werk evakuierte Zivilisten nach Saporischschija 230 Kilometer nordwestlich von Mariupol gebracht werden. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte angeordnet, das Werk nicht zu stürmen, sondern die Menschen dort faktisch auszuhungern. Dennoch gibt es immer wieder vereinzelte Bombardierungen. "Sobald die Busse mit Evakuierten Asowstal gestern verlassen hatten, begann sofort neuer Beschuss", sagte Petro Andryuschtschenko, ein Mitarbeiter von Mariupols Bürgermeister, im ukrainischen Fernsehen. Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz erklärte, es sei an den Evakuierungen zusammen mit Vertretern der Vereinten Nationen, der Ukraine und Russlands beteiligt.

Nach russischen Militärangaben wurden seit Samstag insgesamt 126 Menschen in Sicherheit gebracht, 69 von ihnen entschied sich demnach für ukrainisch kontrolliertes Gebiet und sei auf dem Weg Richtung Saporischschija. Das Militär garantiere die Sicherheit des humanitären Korridors, hieß es weiter.

In den übrigen Teilen des Donbass setzten die russischen Streitkräfte ihre Angriffe mit unverminderter Härte fort. Intensive Kämpfe meldete die ukrainische Armee vor allem aus den Städten Isjum, Rubischne und Lyman. Dort versuchten die russischen Truppen, "die Kontrolle zu übernehmen, um ihren Angriff auf Sewerodonezk vorzubereiten", erklärte der ukrainische Generalstab.

Im Schwarzen Meer versenkte die ukrainische Armee unterdessen nach eigenen Angaben zwei russische Patrouillenboote. Bei dem Einsatz kamen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Kiew Bayraktar-Drohnen zum Einsatz, die die Ukraine aus der Türkei bezieht.

Ein baldiges Ende der Kämpfe scheint nicht in Sicht. Russland strebe nicht an, seinen Militäreinsatz in der Ukraine bis zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland am 9. Mai zu beenden, sagte Außenminister Sergej Lawrow dem italienischen Fernsehsender Mediaset. "Unser Militär wird seine Handlungen nicht künstlich an irgendeinem Datum ausrichten."

Am 9. Mai feiert Russland traditionell den Sieg über Nazi-Deutschland mit einer Militärparade und einer Rede des Staatschefs auf dem Roten Platz in Moskau. Experten hatten lange angenommen, dass Präsident Wladimir Putin an dem symbolisch wichtigen Datum einen großen Sieg in der Ukraine verkünden will.

Laut Angaben des britischen Verteidigungsministeriums verursacht der Krieg in der Ukraine auf russischer Seite immer größere Verluste. Es sei wahrscheinlich, dass ein Viertel der eingesetzten 120 Bataillone mittlerweile kampfunfähig sei, meldete das Ministerium auf Twitter. Nach Meinung des britischen Verteidigungsministerium erlitten auch einige der russischen Eliteeinheiten wie Luftlandetruppen seit Beginn des Kriegs erhebliche Verluste. "Es wird wahrscheinlich Jahre dauern, bis Russland diese Truppen wieder aufstellen kann."

Zudem häufen sich Berichte über Anschläge oder Beschuss auch auf russischem Territorium. In der südrussischen Region Belgorod, die an die Ukraine grenzt, ereigneten sich in den frühen Morgenstunden zwei Explosionen, wie der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow, in den sozialen Medien schrieb. Es habe keine Verletzten oder Schäden gegeben. Es seien aber keine ukrainischen Angriffe gewesen, erklärte der Gouverneur später.

Die ukrainische Regierung hat sich bisher nicht zu Angriffen auf russisches Territorium bekannt. Beide Seiten sprechen von sehr hohen Verlusten der anderen Seite. Während ukrainische Behörden von 23.000 getöteten russischen Soldaten sprechen, gibt die russische Regierung eine ähnlich hohe Anzahl an Toten auf ukrainischer Seite an. Unabhängig konnten die Angaben nicht überprüft werden.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.
OE24 Logo
Es gibt neue Nachrichten