Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan für seine Vermittlungsbemühungen im Ukraine-Krieg gedankt.
Nehammer und Erdogan seien sich am Donnerstag in einem Telefonat einig gewesen, "dass der Istanbuler Prozess die beste Chance auf Frieden ist und alles dafür getan werden müsse, dieses Format weiter voranzutreiben", teilte das Bundeskanzleramt mit. Nehammer habe Erdogan "die aktive Unterstützung des neutralen Österreichs" angeboten.
Bericht von Putin-Treffen
Nehammer habe dem türkischen Präsidenten von seinem Treffen mit Kreml-Chef Wladimir Putin am Sonntag berichtet, hieß es weiter. Erdogan teile die Einschätzung Nehammers, dass eine massive Offensive der russischen Armee im Donbass unmittelbar bevorstehe. Einigkeit bestehe auch darin, dass dringend sichere humanitäre Korridore geschaffen werden müssen.
"Ich danke dem türkischen Präsidenten für den Austausch sowohl vor meinem Besuch in Moskau als auch heute und für seine Bemühungen für ein rasches Ende des Krieges", betonte Nehammer. "Österreich steht klar zu seiner aktiven Neutralitätspolitik und wir tun alles in unserer Macht Stehende, um die Situation für die Menschen in der Ukraine zu verbessern."
Neue Töne gegenüber Erdogan
Die wohlwollenden Worte Nehammers stehen in deutlichem Kontrast zu jahrelangen kritischen Äußerungen führender ÖVP-Politiker über den türkischen Präsidenten. Auch Nehammer hielt sich diesbezüglich nicht zurück. So warf der damalige Innenminister Erdogan im Oktober 2020 vor, "ein systematisches Spitzelnetzwerk in Österreich (...) etablieren" zu wollen. Anlass war der Fall eines angeblichen türkischen Ex-Agenten, der eigenen Angaben zufolge Anschläge auf kurdischstämmige Personen in Österreich geplant haben soll.
Im vergangenen Sommer warf er der belarussischen Regierung vor, "das Modell Erdogan zu kopieren und (mit Migranten, Anm.) Druck auszuüben auf die EU". Im Krieg zwischen Israel und der palästinensischen Terrorgruppe Hamas im Mai 2021 attestierte Nehammer Erdogan, "Öl ins Feuer" zu gießen. Das Außenministerium in Ankara ließ dies nicht auf sich sitzen und sprach von "unbegründeten Aussagen" des damaligen Innenministers "zu unserem Land und unserem Präsidenten". Diese "antitürkischen Aussagen" würden sich "aus rein innenpolitischem Kalkül ergeben", hieß es damals.