Weltpolitik

Putin entsendet Truppen in den Osten der Ukraine

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Dramatische Eskalation im Ukraine-Konflikt: Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Entsendung von Truppen in den umkämpften Osten des Landes angeordnet.

Die Einheiten sollen in den kurz zuvor von ihm als unabhängige Staaten anerkannten "Volksrepubliken Luhansk und Donezk" für "Frieden" sorgen. Dies geht aus einem Dekret hervor, das Putin in Moskau unterzeichnet hat.

Wann die Soldaten in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete einrücken, blieb zunächst unklar. Laut einem Augenzeugen rollten in den Außenbezirken der Stadt Donezk jedenfalls Kolonnen von Militärfahrzeugen durch die Straßen, darunter auch Panzer. Die USA und die EU kündigten Strafmaßnahmen an.


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USA wollen rasche Sanktionen

US-Präsident Joe Biden sprach von einer "raschen und entschlossenen" Reaktion auf weitere Aggressionen Russlands gegen die Ukraine. In einem Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj habe Biden das Engagement der Vereinigten Staaten für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine betont, teilte das Weiße Haus am Montag mit. "Präsident Biden bekräftigte, dass die Vereinigten Staaten im Gleichschritt mit ihren Verbündeten und Partnern rasch und entschlossen auf eine weitere russische Aggression gegen die Ukraine reagieren werden", hieß es.

Biden hatte auch mit dem deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem französischen Staatschef Emmanuel Macron telefoniert. Biden, Scholz und Macron hätten erörtertet, wie sie ihre Reaktion auf die nächsten Schritte weiter koordinieren werden.

Waffenruhe nicht mehr eingehalten

Der vor Jahren vereinbarte Waffenstillstand in Donezk und Luhansk hält angesichts Hunderter Verstöße nicht mehr, es bekämpfen sich dort ukrainische Regierungstruppen und von Moskau unterstützte Aufständische. Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland zusammengezogen. Ein baldiges Vorrücken in die Ostukraine wäre daher leicht möglich. Moskau hatte seit Wochen Befürchtungen des Westens widersprochen, dass ein Einmarsch bevorstehen könnte.


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Auch die EU wird mit Sanktionen reagieren, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel am Abend erklärten. Die Strafmaßnahmen sollten diejenigen treffen, die daran beteiligt sind, hieß es. Von der Leyen und Michel verurteilten das Vorgehen Russlands als "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht sowie die territoriale Integrität der Ukraine".

Auch EU wird Sanktionen verhängen

Der offizielle Beschluss über die gegen Russland angekündigten EU-Sanktionen soll auf den Weg gebracht werden. Wie die derzeitige französische EU-Ratspräsidentschaft in der Nacht ankündigte, wird es dazu am Vormittag um 9.30 Uhr ein Treffen der ständigen Vertreter der EU-Staaten in Brüssel geben. Dabei soll der Vorbereitungsprozess für die Strafmaßnahmen abgeschlossen werden. Im Anschluss könnten sie vom Ministerrat beschlossen werden. Möglich ist dabei auch ein Beschluss im schriftlichen Verfahren. Was für Sanktionen genau verhängt werden, blieb zunächst offen.

Biden unterzeichnete am Montagabend wie angekündigt eine Exekutivanordnung mit Sanktionen. Sie verbietet Geschäfte in oder mit den beiden von Russland anerkannten Separatistenregionen. Dadurch werden allen Amerikanern unabhängig von ihrem Standort neue Investitionen in den Gebieten untersagt, teilte das Weiße Haus mit. Zudem würden Importe aus den Regionen verboten. Die Details dazu sollen auch hier laut einem hohen US-Regierungsbeamten am Dienstag mitgeteilt werden. Präsident Biden habe weiterhin nicht die Absicht, amerikanische Streitkräfte in die Ukraine zu schicken, sagte der Beamte.

Johnson empört

Der britische Premierminister Boris Johnson prangerte den Schritt Putins ebenfalls als "offenen Bruch internationalen Rechts" an und sprach von einer "schamlosen Verletzung der Souveränität und Integrität der Ukraine".

Putin forderte mit Blick auf die Kämpfe im Donbass die ukrainische Führung auf, sofort das Feuer in der Ukraine einzustellen. Andernfalls werde Kiew die volle Verantwortung dafür tragen, sagte er. Der Kreml-Chef warf zudem der NATO vor, mit einer "unverschämten Aneignung" der Ukraine begonnen zu haben. Der Westen wolle die Ukraine als "Theater möglicher Kampfhandlungen" erschließen.

Die pro-russischen Separatistenführer in den beiden Regionen hatten Putin zuvor um Beistand im Kampf gegen die ukrainischen Regierungstruppen gebeten. Nach UNO-Schätzungen gibt es in dem seit acht Jahren währenden Konflikt bisher mehr als 14.000 Tote.

Putin verteidigt Anerkennung

Putin sprach in der Fernsehansprache trotz fehlender Beweise von einem Massenverbrechen am russischstämmigen Volk in der Ostukraine. "Die sogenannte zivilisierte Welt zieht es vor, den von Kiew begangenen Genozid im Donbass zu ignorieren", sagte Putin. Vier Millionen Menschen seien betroffen. Die USA hatten Russland zuletzt beschuldigt, möglicherweise den Vorwurf des Völkermordes als Vorwand für eine Invasion nutzen zu wollen.

Putin warf der NATO überdies eine jahrelange Täuschung vor. Russland sei zu Sowjetzeiten bei der Wiedervereinigung Deutschlands versprochen worden, dass die NATO sich kein bisschen nach Osten ausdehne. "Sie haben uns betrogen", sagte Putin und warf dem westlichen Bündnis vor, bereits fünf Wellen der Ausdehnung nach Osten durchgezogen zu haben - und Russland wie einen Feind zu behandeln. "Warum das alles? Wozu?", fragte Putin. Er hatte zuletzt mehrfach vor einer Aufnahme der Ukraine in die NATO gewarnt. Russland sieht sich dadurch in seiner Sicherheit bedroht.

Putin warnte außerdem, dass in der Ukraine Atomwaffen hergestellt werden könnten. "Die Ukraine verfügt tatsächlich immer noch über sowjetische Nukleartechnologien und Trägersysteme für solche Waffen."

Russland hat sich das Recht zum Bau von Militärbasen in den abtrünnigen Donbass-Regionen gesichert. Das geht aus einer veröffentlichten Kopie einer Vereinbarung hervor, die Putin mit Vertretern der selbst ernannten Volksrepubliken unterzeichnet hat. Russland und die beiden abtrünnigen Regionen wollen zudem gesonderte Abkommen zur militärischen Zusammenarbeit unterzeichnen. Über die entsprechenden Gesetzesentwürfe soll das russische Parlament am Dienstag beraten.

Der Separatistenführer Denis Puschilin bezeichnete die Anerkennungen als "historischen Moment". Dieser "wird für immer und ewig als Wiederherstellung von Gerechtigkeit und Wahrheit in unser Leben eingehen", schrieb er in der Nacht auf Dienstag im Nachrichtenkanal Telegram. "Die Weichen für unsere Zukunft werden heute gestellt, und wir blicken mit Zuversicht in die Zukunft." Bei der Entscheidung Putins gehe es mehr als nur um Unterstützung. Es gehe um "Vertrauen in eine friedliche Zukunft für einen starken russischen Donbass", schrieb Puschilin weiter.

Der Kreml hatte zuvor am Montag Hoffnungen auf ein baldiges Treffen Putins mit Biden gedämpft. Ob es nun dazu kommen wird, ist fraglich. Die USA würden aber die Diplomatie so lange weiterverfolgen, "bis die Panzer rollen", verlautete aus Washingtoner Regierungskreisen. Die Außenminister Russlands und der USA wollen sich aber am Donnerstag in Genf treffen.

Russland sei sich im Klaren darüber, dass der Schritt angesichts der vom Westen angedrohten Sanktionen ernste Folgen haben werde, sagte der stellvertretende Vorsitzende des russischen Sicherheitsrats, Dmitri Medwedew. Es gebe angesichts der Lage aber keine andere Möglichkeit, als die Gebiete anzuerkennen. Der Druck auf Russland werde beispiellos sein. Die Hoffnung sei, dass sich der Konflikt danach abkühle.

Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die in der Ostukraine eine Beobachtermission unterhält, verurteilte die Anerkennung der selbst ernannten ostukrainischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk durch Russland als unabhängige Staaten scharf. "Die Anerkennung wird nur weitere Spannungen schüren und wird die Bevölkerung, die in diesen Regionen lebt, vom Rest ihres Landes, der Ukraine, entzweien", heißt es in einer Mitteilung. "Dieser Schritt ist ein Verstoß gegen internationales Recht und gegen fundamentale OSZE-Prinzipien." Zudem widerspreche er dem 2015 für die Ostukraine geschlossenen Minsker Friedensplan.

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