Ukraine-Krise

USA warnen: "Putin sucht Vorwand für Angriff"

Teilen

Russland bereite sich weiterhin auf einen Angriff in den kommenden Tagen vor.

US-Präsident Joe Biden wird am Freitag ein Gespräch über die Krise mit Russland um die Ukraine mit den Staats- bzw. Regierungschefs von Kanada, Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Rumänien, Großbritannien sowie Spitzenvertretern der Europäischen Union und der NATO führen. Dies teilt das Büro von Kanadas Premierminister Justin Trudeau mit. Biden befürchtet trotz aller Beteuerungen aus Moskau einen russischen Einmarsch in die Ukraine in den nächsten Tagen.

Biden sagte am Donnerstag in Washington, die Gefahr einer Invasion sei "sehr hoch". Sein Außenminister Antony Blinken sagte dazu vor dem UNO-Sicherheitsrat, Russland bereite sich auf einen Angriff "in den kommenden Tagen" vor. Moskau wolle einen Vorwand dazu schaffen. "Dies könnte ein gewaltsames Ereignis sein, das Russland gegen die Ukraine vorbringen wird, oder eine unerhörte Anschuldigung, die Russland gegen die ukrainische Regierung erheben wird", so Blinken am Donnerstag. Möglich seien ein vermeintlicher Terroranschlag in Russland, die "erfundene Entdeckung eines Massengrabes" und Vorwürfe eines Völkermordes, ein inszenierter Drohnenangriff auf Zivilisten oder ein vorgetäuschter oder echter Angriff mit Chemiewaffen.

Treffen mit Lawrow

Die Diplomatie sei weiter der wichtigste Weg zur Lösung der Krise, so Blinken weiter. Russland wies indes die Befürchtungen des Westens vor einem bevorstehenden Einmarsch Moskaus in die Ukraine erneut zurück. Wie Biden will sich auch Blinken am Freitag mit Vertretern dies- und jenseits des Atlantik über den russischen Truppenaufmarsch um die Ukraine austauschen, wie das Weiße Haus mitteilte.

Blinken nimmt zudem eine Einladung zu einem Treffen mit seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow an. Das Treffen soll Ende nächster Woche stattfinden, sofern Russland nicht in die Ukraine einmarschiert, teilte das US-Außenministerium am Donnerstag (Ortszeit) mit. Blinken hatte auch erklärt, er habe Donnerstag einen Brief an Lawrow geschickt, in dem er ein Treffen für nächste Woche in Europa vorgeschlagen habe.

Flüchtlignswelle droht

Der Vizepräsident der EU-Kommission, Margaritis Schinas, rechnet bei einer weiteren Verschärfung der Krise mit der Flucht zahlreicher Menschen in die Europäische Union. "Es wird geschätzt, dass zwischen 20.000 und mehr als einer Million Flüchtlinge kommen könnten", sagte er der deutschen Zeitung "Die Welt". Zudem gebe es derzeit rund 20.000 EU-Bürger, die in der Ukraine lebten und Unterstützung bei einer möglichen Ausreise benötigen dürften. Die EU sei auch bereit, eine "bedeutende humanitäre Hilfe zu mobilisieren und beim Zivilschutz zu helfen".

Polens Regierung traf bereits erste Maßnahmen für den Fall eines "massiven Flüchtlingsstroms", wie es aus Warschau hieß. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) erklärte dazu im Ö1-Morgenjournal des ORF-Radios: "Wir werden solidarisch zueinanderstehen." Ob Österreich mit einer Migrationswelle aus der Ukraine konfrontiert werde, bezeichnete der Regierungschef als vorerst "theoretische" Frage. Es gebe aber in allen zuständigen Ministerien entsprechende Vorbereitungen. Das gelte auch für mögliche Versorgungsengpässe mit russischem Gas, etwa als Reaktion auf westliche Sanktionen nach einer potenziellen Militäraktion Moskaus. Es sei vorgesorgt, beruhigte Nehammer. "Es gibt ausreichend Alternativgasversorgung."

Angesichts des russischen Truppenaufmarschs im Grenzgebiet zur Ukraine bestehen international Sorgen vor einer Invasion des Nachbarlands. Befürchtet wird, dass die Verlegung Zehntausender Soldaten der Vorbereitung eines Kriegs dienen könnte.

Das ukrainische Militär meldet in den vergangenen 24 Stunden 60 Verstöße gegen den Waffenstillstand durch prorussische Separatisten. Ein Soldat sei dabei verletzt worden. Pro-russische Rebellen warfen unterdessen laut einem russischen Agenturbericht ukrainischen Regierungstruppen vor, sie erneut angegriffen zu haben. Die Streitkräfte hätten bei drei Attacken im Osten der Ukraine Mörser und Artillerie eingesetzt, berichtete Interfax unter Berufung auf Vertreter der von Kiew abtrünnigen, selbst ernannten "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.