London

Assange-Auslieferung: Entscheidung vertagt

Teilen

Die Richterin hat eine weitere Anhörung für Freitag angesetzt.

Das Tauziehen um eine Überstellung von Wikileaks-Gründer Julian Assange an die schwedische Justiz geht in eine weitere Runde. Ein Gericht in London beschloss am Dienstag, die Anhörung über eine Auslieferung des 39-Jährigen Australiers am Freitag fortzusetzen. Die Anwälte von Assange kritisierten die schwedische Justiz scharf, die Assange Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorwirft. Zugleich forderten sie das Gericht auf, die schwedische Staatsanwältin Marianne Ny vorzuladen. "Mein Anwalt und meine Zeugen mussten auch nach London kommen", sagte Assange.

Aussagen sprengen Zeitrahmen

Die seit Montag vor einem Richter im Stadtteil Belmarsh vorgetragenen Zeugenaussagen nahmen mehr Zeit in Anspruch als geplant, weshalb die Anhörung zunächst nicht wie geplant am Dienstag abgeschlossen werden konnte. Sie soll nun am Freitag um 10.30 Uhr (Ortszeit, 11.30 Uhr MEZ) fortgesetzt werden. Eine Entscheidung über Assanges Auslieferung könnte aber noch im Februar fallen.

Hausarrest
Assange steht derzeit in Großbritannien unter Hausarrest. Er sieht die Vorwürfe gegen sich als Teil eines Komplotts und befürchtet von Schweden aus eine Ausweisung in die USA. Die US-Justiz wiederum prüft rechtliche Schritte gegen Assange wegen der Veröffentlichung geheimer Regierungsdokumente über das Enthüllungsportal Wikileaks.

Ex-Staatsanwalt: Auslieferung nicht nötig
Der frühere schwedische Staatsanwalt Sven-Erik Alhem sagte vor dem Gericht, eine Auslieferung Assanges an Schweden sei nicht nötig. Assange könne genauso gut per Videoschaltung in Großbritannien verhört werden. Er verstehe nicht, "warum das nicht gehen soll", sofern die britischen Behörden dies erlaubten, sagte Alhem. Der schwedische Jurist, der als Zeuge für Assange auftrat, kritisierte zudem, dass Assange in dem Fall klar identifiziert worden sei, obwohl das bei Vergewaltigungsprozessen in Schweden nicht üblich sei.

SMS sollen Assagen entlasten
Assanges schwedischer Anwalt Björn Hurtig sagte dem Richter, er habe der ermittelnden Staatsanwältin in Stockholm, Marianne Ny, im vergangenen Jahr mehrfach Gespräche mit seinem Mandanten in Schweden angeboten. "Am 8., 15. und 30. September sowie am 1. und 8. Oktober" habe er ihr vorschlagen, Assange in Schweden zu verhören, sagte er. "Ich möchte fast sagen, dass ich es gefordert habe", fügte er hinzu. Ny habe diese und auch viele weitere von ihm angebotene Möglichkeiten zu einer Befragung Assanges jedoch abgelehnt. Hurtig warf der schwedischen Justiz auch vor, entlastende SMS-Nachrichten zurückzuhalten. 100 Textnachrichten von und an die Opfer würden belegen, dass die Frauen auf Geld und Revanche aus seien.

Schwedischen Staatsanwältin soll nach London kommen
Assange forderte das Erscheinen der schwedischen Staatsanwältin Ny in London. Sie weigere sich zu dem Auslieferungsprozess gegen Assange zu kommen und "sich einer Befragung zu stellen, von der sie weiß, dass sie ihr nicht standhalten kann", sagte Assanges Anwalt Mark Stephens. Assange betonte, es sei eine Ungleichbehandlung, wenn sein Anwalt und seine Zeugen aus Schweden geholt würden, die Staatsanwältin aber nicht komme.

Schwedische Justiz in schlechtes Licht gerückt
Schwedens Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt beklagte, dass die Justiz seines Landes bei dem Verfahren in ein schlechtes Licht gerückt werde. "Wir haben ein unabhängiges Rechtssystem", sagte der Regierungschef vor Journalisten in Stockholm. Die "herablassende Beschreibung" der schwedischen Justiz sei lediglich eine Strategie der Verteidigung. Jeder, der in Schweden lebe, wisse, "dass das nicht stimmt", sagte Reinfeldt. Assanges britischer Anwalt Geoffrey Robertson hatte der schwedischen Justiz am Montag Intransparenz vorgeworfen. Staatsanwältin Ny attestiert das Assange-Lager Voreingenommenheit, weil sie ein "gestörtes Verhältnis zu Männern" habe.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.