Knapp vier Jahre nachdem ein Asylbewerber in einer Polizeizelle in Sachsen-Anhalt verbrannte, sind die beiden angeklagten Polizisten freigesprochen worden.
Ihnen sei keine Mitschuld am Tod des Mannes aus Sierra Leone im Jänner 2005 nachzuweisen, urteilte das Landgericht Dessau-Roßlau am Montag. Nach der Verkündung des Urteils brach im Gerichtssaal ein Tumult aus. Wütende Zuhörer stürmten auf den Vorsitzenden Richter Manfred Steinhoff zu und beschimpften ihn als Lügner. Die Polizei griff ein.
In der Urteilsbegründung nach rund einstündiger Unterbrechung sagte der Richter, das Gesamtgeschehen habe nicht ausreichend erhellt werden können. Zeugenaussagen seien teils widersprüchlich gewesen.
Brand in der Zelle
Oury Jalloh starb im Jänner 2005 bei einem
Brand in der Zelle. Todesursache war laut Gutachtern ein Hitzeschock. Der
23-jährige Mann soll das Feuer selbst mit einem Feuerzeug angezündet haben,
obwohl er gefesselt war. Der Fall sorgte im In- und Ausland für Aufsehen
sowie für heftige Kritik von Menschenrechtlern. Der Prozess gegen die beiden
Polizisten im Alter von heute 46 und 48 Jahren dauerte 22 Monate.
Die Polizei ging bei dem Tumult gegen empörte Zuschauer vor und führte mindestens einen aus dem Saal. Vor dem Gerichtsgebäude demonstrierten Mitglieder einer Initiative zum Gedenken an den Toten und skandierten Rufe wie "Dieses Urteil ist eine Schande" und "Menschenrechte gelten nichts mehr in Deutschland." Richter Steinhoff trat geschützt von Polizisten vor das Gericht, um die Menge zu beruhigen, was ihm jedoch zunächst nicht gelang.
Geldstrafe gefordert
Oberstaatsanwalt Christian Preissner
forderte in seinem Plädoyer am Montag für den damaligen Dienstgruppenführer
der Polizei eine Geldstrafe von 4.800 Euro wegen fahrlässiger Tötung durch
Unterlassen. Jalloh könne möglicherweise noch leben, wenn der Beamte richtig
auf den Rauchalarm reagiert und einen Feuerlöscher zur Zelle mitgenommen
hätte. Für den zweiten Polizisten, der laut der ursprünglichen Anklage bei
der Durchsuchung Jallohs ein Feuerzeug übersehen haben soll, forderte
Preissner Freispruch aus Mangel an Beweisen. Die Verteidigung plädierte für
beide Angeklagten auf Freispruch.
Die Nebenkläger kritisierten in ihren Plädoyers die Ermittlungsbehörden scharf. "Es wurde hier so viel vertuscht, soviel verpfuscht, dass sich der Sachverhalt nicht mehr aufklären lässt, obwohl ein Mensch zu Tode kam", sagte Rechtsanwältin Regina Götz, die die Mutter des Opfers vertritt.