Großteil der Opfer sind Schülerinnen

Kabul: Fast 70 Menschen bei Bombenanschlag getötet

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Nach dem blutigen Anschlag vor einer Mädchenschule in Afghanistan haben die Angehörigen am Sonntag die Dutzenden Opfer beigesetzt. 

Die getöteten Schülerinnen wurden von ihren geschockten Familien auf dem schiitischen "Märtyrerfriedhof" in Kabul begraben. Bei den Explosionen in der Hauptstadt wurden nach Behördenangaben am Samstag 68 Menschen getötet und 165 weitere verletzt. Die Regierung machte die radikalislamischen Taliban verantwortlich.

Der Anschlag wurde in einem mehrheitlich von Schiiten bewohnten Stadtteil verübt, während die Bewohner ihre Einkäufe für das Eid-al-Fitr-Fest zum Ende des muslimischen Fastenmonats Ramadan erledigten. Nach Angaben des Innenministeriums detonierte eine Autobombe vor der Schule. Als die Schülerinnen in Panik aus dem Gebäude liefen, seien zwei weitere Sprengsätze explodiert.

Es war der schwerste Anschlag seit über einem Jahr. Die Mehrheit der Opfer sind junge Schülerinnen. Der Stadtteil Dasht-e-Bartshi war bereits mehrfach Ziel von Anschlägen sunnitischer Extremisten. Vor einem Jahr hatten bewaffnete Angreifer dort ein Krankenhaus gestürmt und 25 Menschen getötet, darunter 16 Frauen auf einer Geburtsstation.

Am Anschlagsort lagen am Sonntag noch blutbefleckte Bücher und Schultaschen verstreut auf dem Boden. Mehrere Hundert Menschen versammelten sich dort. Männer wischten sich mit Stofftüchern Tränen aus den Augen. Mädchen im Alter von sechs oder sieben Jahren hielten sich an der Hand. Mohammad Taki, dessen beide Töchter den Anschlag überlebten, war nach den Explosionen zur Schule geeilt. "Ich fand mich inmitten von Leichen wieder, deren Hände und Köpfe abgetrennt und Knochen zertrümmert waren." Mehrere Männer äußerten Ärger darüber, dass Mädchen und junge Frauen angegriffen wurden. "Sie sollten uns Männer töten. Welche Sünde haben diese jungen Mädchen begangen?", fragte ein weiterer Passant.

Staatspräsident Ashraf Ghani machte die Taliban für den "brutalen und barbarischen" Anschlag verantwortlich. Die Islamisten bestritten eine Beteiligung an der Tat, zu der sich zunächst auch keine andere Gruppe bekannte. Die Nation müsse "Bildungszentren und -einrichtungen schützen und betreuen", erklärte der Taliban-Anführer Hibatullah Akhundzada am Sonntag.

Papst Franziskus erklärte beim Sonntagsgebet auf dem Petersplatz, er bete auch für die Opfer des "unmenschlichen" Terroranschlags von Kabul.

Die EU-Delegation in Kabul bezeichnete den Anschlag als "verachtenswerten Terrorakt". Ein Angriff auf junge Schülerinnen, die zur Entwicklung ihres Landes beitragen wollten, sei zugleich ein Angriff "auf die Zukunft Afghanistans". Die UNO-Mission für Afghanistan (UNAMA) bekundete ihre "tiefe Abscheu" über den Anschlag.

Auch der oberste US-Diplomat in Kabul, Ross Wilson, sprach von einem "abscheulichen" Anschlag. "Diese unverzeihliche Attacke auf Kinder ist ein Angriff auf die Zukunft Afghanistans, der nicht hingenommen werden kann", schrieb er auf Twitter.

Die Taliban behaupten, seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens mit der US-Regierung im Februar vergangenen Jahres keine Anschläge in Kabul mehr begangen zu haben. Allerdings liefern sich die Extremisten täglich Gefechte mit afghanischen Streitkräften.

Die US-Regierung hatte im Februar 2020 ein Abkommen mit den Taliban geschlossen, um den längsten Kriegseinsatz der US-Geschichte zu beenden. Die USA sagten darin einen Truppenabzug bis zum 1. Mai zu. Der Termin wurde mangels Fortschritten in den Friedensgesprächen zwischen den Taliban und der Regierung in Kabul nicht eingehalten.

US-Präsident Joe Biden hat nun einen Truppenabzug bis zum 11. September angekündigt - dem 20. Jahrestag der Terroranschläge in den USA, die den Einmarsch der US-Armee in Afghanistan zur Folge hatten. Im Anschluss beschloss dann die gesamte NATO das Ende ihrer Afghanistan-Mission bis spätestens September.

Anfang des Monats begannen die USA mit dem Abzug ihrer Soldaten. Die Friedensbemühungen zwischen der afghanischen Regierung und den radikalislamischen Taliban kommen jedoch noch immer nicht voran.

Taliban-Anführer Akhundzada warnte am Sonntag vor einer weiteren Verzögerung des Abzugs. "Falls Amerika erneut seine Verpflichtungen nicht einhält, muss die Welt Zeuge werden und Amerika für alle Konsequenzen zur Rechenschaft ziehen." 

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