USA

Obama versteht die Wall-Street-Proteste

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In den USA greifen die Proteste nun auch auf andere Städte über.

Die Proteste gegen das Finanzsystem und die ökonomische Ungleichheit in den USA haben sich am Donnerstag (Ortszeit) auf viele US-Städte ausgebreitet. Unter anderem kam es in den Großstädten Chicago, Los Angeles, Philadelphia, Austin und Seattle zu Kundgebungen und Märschen der Bewegung "Occupy Wall Street". Unerwarteten Zuspruch erhielten die Proteste aus den Reihen ihres erklärten Feindes, der US-Notenbank Federal Reserve.

Der Regionalchef der "Fed" im texanischen Dallas, Richard Fisher, sagte am Donnerstag gegenüber Geschäftsleuten: "Das wird sie schockieren, aber ich bin einigermaßen verständnisvoll." Die Notenbank wird von vielen Protestierenden für die Rettung von US-Investmentbanken auf Kosten der Steuerzahler im Jahr 2008 verantwortlich gemacht. "Es gibt viele Menschen ohne Arbeit", erklärte Fischer. "Wir haben eine sehr ungleicher Verteilung des Einkommens. Es gibt viele frustrierte Menschen, und ich kann ihre Frustration verstehen."

Zu Protesten kam es auch vor dem US-Regierungssitz im Weißen Haus. Die Demonstranten skandierten den Ruf "Schande, Schande", als sie am Amtssitz von Präsident Barack Obama in Washington vorbeizogen. Laut einem Bericht der "New York Times" nahmen rund 500 Teilnehmer an der Kundgebung teil, auf der lautstark Kritik am angeblichen Naheverhältnis der US-Politik zu Großkonzernen, dem Bankensektor und Lobbyisten geäußert wurde. Im nordöstlichen Philadelphia versammelten sich unterdessen rund 1.000 Menschen; lokale Gewerkschaftsführer kündigten ihre Unterstützung für die Bewegung an. In der pazifischen Metropole Los Angeles fanden sich 100 Demonstranten zum Protest vor einer Filiale der Bank of America ein.

Obama versteht Proteste
Präsident Obama bekundete unterdessen Sympathie für die Protestbewegung. "Die Menschen sind frustriert, wisst ihr, und die Proteste drücken eine noch breitere Frustration über die Funktionsweise unseres Finanzsystems aus", sagte er bei einer Pressekonferenz am Donnerstag in Washington. Laut einem Bericht der New York Times hoffen Strategen von Obamas Demokratischer Partei auf politische Aufwind durch die linksgerichtete Proteste, die demnach auf nationaler Ebene ein Gegengewicht zur rechtsgerichteten "Tea Party" bilden könnten.

Der prominente US-Republikaner Orrin Hatch warnte hingegen davor, dass die Proteste sich zu Unruhen auswachsen könnten. "Es wird wegen dem, was diese Leute machen, in diesem Land noch Unruhen geben", sagte der US-Senator aus dem US-Staat Utah gegenüber der Zeitung "Salt Lake City Tribune". Die Proteste seien durch die populistische Politik von Obama provoziert worden, so Hatch. Auch im von Mormonen dominierten Utah gab es zuvor Kundgebungen der "Occupy Wall Street"-Bewegung.

Die USA kämpfen zur Zeit mit schwächelnden Wirtschaftsdaten und hohen Arbeitslosenzahlen. Die US-Regierung kündigte am Donnerstag eine Abschwächung des prognostizierten Wirtschaftswachstums für 2011 an. Die Arbeitslosigkeit beträgt derzeit rund 9,1 Prozent. In den vergangenen Monaten war die Arbeitslosenrate erstmals seit 1982 vorübergehend über die Zehn-Prozent-Marke geklettert. Ein milliardenschweres Paket zum Jobaufbau der Obama-Regierung wird derzeit im US-Kongress von den Republikanern blockiert.
 

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